Der neue Mini Vision Urbanaut – ein „Erlebzeug“

Christine Harttmann
(erschienen bei VISION mobility von Gregor Soller)

Mittlerweile hat Mini den digitalen Ankündigungen seines neuen „Raumkonzeptes“ physisches Fahrzeugmodell in 1:1 folgen lassen – und das Fahren steht hier nicht mehr im Fokus.

Ein Mini als Arbeits- Wohn- und Transportraum für den Außendienst

„Clever Use of Space“ ist für Mini-Chef Bernd Körber einer der unique selling points der Marke. Die so etwas von „mini“ abrücken und sich beim Urbanaut auf fast 4,5 Meter ausdehnen darf. Den sieht man bei Mini mittlerweile eher als „dritten Lebensraum“ denn als kompakten City-Kurvenkartzer. Vision Urbanaut „übertrage den persönlichen Raum auf das Auto und schaffe dem Nutzer unterschiedliche Möglichkeiten“ erklärt man dazu und spannt den Bogen „von der urbanen Oase bis hin zum Erleben von Freiheit im Moment ‚Wanderlust'“. Letzteres eine zwar deutsches Wort, das aber vor allem in UK gern genutzt wird – in seiner deutschen Bedeutung.

Und um all das bieten zu können, braucht es natürlich etwas Platz: Auf 4,5 Meter Länge schuf man also einen rundlichen Kokon mit einer einzigen Zugangs-Schiebetür und bietet darin drei „Mini-Moments“ an, welche den Außen- und Innenraum entsprechend verändern. Die jeweilige Grundstimmung sollen Ambiente Beleuchtung, Duft und Sound verstärken. Könnte auch für Dienstwagenfahrer interessant sein, die den Urbanaut gar als Rückzugsort oder vielleicht gar Hotel auf Rädern nutzen könnten?

Hey Nutzer, "chill mal Deine Base"!

Mit dem Moment „Chill“ soll der Urbanaut jedenfalls zum Rückzugsort werden, in dem man arbeiten oder entspannen kann. Die hintere Sitzbank bietet dann verschiedene Sitz- und Liegepositionen an und der hinterleuchtete „Loop“ darüber erzeugt eine dimmbare, von einem grünen Blätterdach inspirierte Kulisse. Im zentralen Bereich klappt das klassische Rundinstrument herunter und wird stattdessen zur Tischleuchte.

Mit dem Moment „Vibe“ stehe laut Mini die gemeinsame Zeit mit anderen Menschen im Vordergrund. Der Urbanaut öffnet sich: Die offene Tür an der Seite und die hochgeklappte Frontscheibe sollen „die Grenzen von innen und außen verschwimmen“ lassen. Das zentrale Rundinstrument wird in dem Fall zur Medienbedienzentrale oder gar zum DL-Pult, denn: Die Animation der abgespielten Musik auf Flächen in Front, Heck, an den Felgen und dem Loop soll gar „Clubatmosphäre“ schaffen.

Fahren? Nur im Modus "Wanderlust"!

Fahren? Könnte man nur in „Wanderlust“! Das ist der einzige „Mini-Moment“, in dem der Vision Urbanaut automatisiert fährt oder gar selbst gefahren werden kann. Entsprechend wird das Interieur dann darauf ausgerichtet. Will man selbst steuern, fahren mit einem Fingertipp auf das Mini Logo Lenkrad und Pedalerie aus. Die Bedienoberfläche auf dem zentralen Rundinstrument ändert ihre Anmutung und macht neben einer Animation des Weges auch weiterführende Reiseinformationen wie etwa Sehenswürdigkeiten oder Ankunftszeit für alle Mitfahrenden sichtbar. Alternativ bleibt das Ganze dezent versteckt und man kann sich shutteln lassen. Und natürlich lassen sich die Momente auch mixen, woraus dann „my moment“ würde.

Ganz „mini“ ist die Idee, maximalen Raum auf möglichst kleiner Verkehrsfläche zu nutzen – auch im Stand. Und natürlich betont man den verantwortungsvollen Umgang mit den Ressourcen: Bereits bei der Konzeptphase habe die Reduktion von Komponenten und die Vermeidung von unnötigem Materialeinsatz im Fokus gestanden. Das trug auch zur Doppelnutzung vieler Komponenten bei: das Center-Display wird zur Lampe oder das Dashboard zur Liege. Sinnvoll wäre auch die möglichst lange Nutzung des Urbanauten durch Austauschbarkeit – beispielsweise der wechselbaren. Das Interieur sei zudem chrom- und lederfrei, was bereits in der nächsten Mini-Modellgeneration eingeführt werde – womit man ganz nebenbei auch Kosten sparen kann!

 
Alles auf: So kann der Urbanaut auch als Open-Air-Disco fungieren. | Foto: Mini
Alles auf: So kann der Urbanaut auch als Open-Air-Disco fungieren. | Foto: Mini
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Mittlerweile fast schon Standard ist der hohen Anteil von Rezyklaten sowie der Einsatz von nahezu ausschließlich nachwachsenden und wiederverwertbaren Materialien. Vorherrschendes Material sind laut Mini Textilien aus recycelten Materialien wie Wolle, Polyester oder Tencel. Materialmixe werden für bessere Reyclierbarkeit zurückgefahren: Man habe verstärkt Lösungen ins Auge gefasst, in denen nur ein einziges Material verwendet wird. Diese ließen sich später einfacher wiederverwerten und könnten zu neuen Produkten werden. Auf dem Lenkrad und auf Teilen des Bodens findet sich deshalb Kork.

Mini bleibt Premium - was feine Details verraten

Trotzdem will man den Premium-Aspekt unbedingt beibehalten. Das zeigt sich nicht nur an der hochwertigen Verarbeitung der Studie, sondern auch an Details wie der Schiebetürkinematik oder dem Umschalten von selbst- auf autonomes Fahren: Dazu versenkt sich das Steuerelement elegant, dass es nicht mehr stört. Und bereits auf der CES präsentierte die digital bedienbaren oder hinterleuchtbaren Stoffflächen.

Gesteuert wird all das mit einem sogenannten „Token“, einem rundlichen handschmeichlerischen Bedienelement. Ginge theoretisch sicher auch per Smartphone, doch „wischen“ tut man bereits so viele andere Dinge. Und warum soll man nicht den täglichen Stau arbeitend unterm Blätterdach für sich nutzen, bevor man abends zur Open-Air-Disco am See lädt? Womit der Uraban- auch zum „Rural-naut“ respektive „Rural-laut“ würde.

Was bedeutet das?

Mit dem Urbanaut besinnt sich Mini eines Kernthemas der Marke: Maximale Raumausnutzung auf minimalem Raum. Und hier bietet die Konzeptstudie auf 4,5 Metern viele spannende, wenn auch nur wenig echt neue Ansätze. Und vergisst leider zwei weitere Kernthemen: Fahrspaß und „mini“ sein! Denn auf 4,5 Meter eine „Lounge“ hinstellen können Reisemobilhersteller zwangsläufig auch und der Platz in der Stadt ist leider nicht unendlich. Insofern wäre ein drei Meter langer knackiger Viersitzer vielleicht noch spannender gewesen.