Ein geheimer Blick in Porsches Zukunft

Christine Harttmann
(erschienen bei VISION mobility von Gregor Soller)

Porsche-Chefdesigner Michael Mauer ist mutig: Unter dem Titel „Porsche Unseen“ veröffentlicht Porsche erstmals bislang geheime Designstudien aus den Jahren 2005 bis 2019. Darunter viele spannende Ansätze und starke Konzepte, von denen Details durchaus Potenzial hätten, noch in Serie zu gehen.

Insgesamt lüftet Porsche den Schleier von 15 spektakuläre Fahrzeug-Visionen, darunter Hypercars, aber auch ein Van! Nebenbei gewährt Porsche einen exklusiven Einblick in seinen Designprozess vor allem im Studio Weissach - von der ersten Zeichnung bis zum fertigen Serienmodell. Und Porsche-CEO Oliver Blume ist stolz auf diese Ideen:

„Das zeitlose und innovative Design unserer Sportwagen begeistert Menschen auf der ganzen Welt.“

Der Vorstandsvorsitzender der Porsche AG ergänzt:

„Visionäre Konzept-Studien bilden die Basis für diesen Erfolg: Sie sind der Ideenpool für das Porsche-Design von morgen und verbinden unsere starke Tradition mit wegweisenden Zukunftstechnologien.“

Die bislang unveröffentlichten Designstudien stellt der Porsche Newsroom in einer Artikelreihe exklusiv vor. Dabei unterteilt Porsche die Studien in „Spin offs“, also Ableitungen aktueller Modelle wie Boxter, 911 oder Macan und „kleine Rebellen“. Dazu kommen Hypercars und Studien unter dem Motto „What`s next“ – darunter eben auch ein Renndienst-Van.

Allen gemeinsam sind gewölbte Fronten (bis auf den Van), gerundete Bodies und schmal-gestreifte Rückleuchten, womit die Porsche-DNA festgelegt ist und auf erstaunlich vielfältige Art funktioniert. Das Web-TV Format 9:11 Magazin widmet ausgewählten Studien zudem einen Beitrag und beleuchtet gemeinsam mit Porsche-Chef-Designer Michael Mauer den Zusammenhang zwischen Studien und aktueller Serienmodelle. Für die Fans der Marke erschien außerdem das Buch „Porsche Unseen“ im Verlag Delius Klasing. Interessierte LeserInnen erhalten hier einen ausführlichen Blick hinter die Kulissen von Style Porsche. Einige der Studien werden später auch live zu bewundern sein: Das Porsche Museum integriert eine Auswahl der Modelle im Jahr 2021 in die Ausstellung.

Der Designprozess beginnt immer noch mit einer ersten Skizze

Der Designprozess beginnt noch immer mit einer Skizze. Das wird im Interview mit Chefdesigner Michale Mauer schnell deutlich. Auch auf echte 3D-Modelle verzichtet er nur ungern, denn tatsächlich wirken vor allem Flächen und Details in „echt“ nochmal anders als in sehr realitätsnahen 3D-Darstellungen. Die Skizzen werden im nächsten Schritt als 3D-Modell visualisiert. Sobald eine Idee weiterentwickelt werden soll, folgen kleine Modelle im Maßstab 1:3 und schließlich Hartmodelle im Maßstab 1:1, was dann schon eine kosten- und zeitintensive „Königsdisziplin“ ist.

Michael Mauer, Leiter Style Porsche erklärt dazu:

„Die virtuelle Welt ist der erste Schritt, aber gerade die unerwarteten Modelle muss man in der Realität erleben, um zu begreifen, wie klein, groß oder überraschend proportioniert ein Auto ist.“

Weissach als Epizentrum der Entwicklung

Im Gegensatz zur Entwicklung eines Serienmodells, bei der immer mehrere Modelle mit verschiedenen Stylingthemen entwickelt werden, entsteht bei Visionsprojekten zunächst immer nur ein Visionsmodell als Protagonist der zentralen Idee. Und genau davon gibt es viele, weshalb die Hersteller solche „Visionen“ immer gern unter Verschluss halten. Denn nicht selten fließen Details oder ganze Konzepte in künftige Projekte mit ein – die man den Marktbegleitern natürlich ungern vorher zeigt. Mauer erklärt:

„Es geht bei unseren Visionen nicht darum, jedes Auto auf die Straße zu bringen. Sondern darum, Möglichkeitsräume aufzuspannen und eine Beziehung mit der Zukunft aufzunehmen.“

Ebenfalls sehr interessant ist die Tatsache, dass Porsche bewusst nur ein einziges Designstudio – und zwar in direkter Nähe zur Entwicklung betreibt, so Mauer. Er ergänzt:

„Weissach ist unser Epizentrum. Statt Advanced Design Studios in den weit entfernten Metropolen Nordamerikas und Asiens zu eröffnen, kommen unsere Designer aus der ganzen Welt zu Porsche nach Weissach, um im Herzen der Marke die neuesten Seriensportwagen und Automobilvisionen zu kreieren.“

 
Mit dem 919 Street wäre der Hybrid-LMP1-Renner aus Le Mans auf die Straße gekommen. | Foto: Porsche
Mit dem 919 Street wäre der Hybrid-LMP1-Renner aus Le Mans auf die Straße gekommen. | Foto: Porsche
« Bild zurück
Bild
1 / 20
Bild vor »

Im Porsche Design Studio arbeiten mehr als 120 Designer, Experten für Interieur, Exterieur, Farben und Materialien, Modellbauer, Modelleure und Studio-Ingenieure.Mit Blick auf den Designprozess ergänzt Mauer:

„Es gibt zwei Möglichkeiten, sich als Marke weiter zu entwickeln: Entweder man verbessert seine Produkte aus der Gegenwart heraus, Schritt für Schritt. In diesem Prozess fällt es schwer, wirklich innovativ zu sein. Oder man lässt seiner Kreativität freien Lauf. Die Idee ist, gedanklich ins Übermorgen zu springen und sich vo n dort aus rückwärts zurück ins Morgen zu bewegen.“

Auf dieser Basis plant Porsche eine Produkt- und Markenidentität, die langfristig das Erscheinungsbild aller Modelle prägen und sicherstellen soll. Wobei dabei durchaus gern über den Tellerrand geblickt wird.

Was bedeutet das?

Die Designsprache für kommende Modelle entwickelt sich bei Porsche aus der langfristigen Vision. Und die ist mit einigen Grundzügen seit dem 356 einerseits sehr strikt, bietet aber trotzdem riesiges Potenzial! Übergeordneter Anspruch ist es, die Porsche-Design-DNA mit modernster Fahrzeugtechnik zu verknüpfen. Das soll zum einen die Innovationsfähigkeit künftiger Porsche-Modelle sichern, zum anderen eine evolutionäre Anknüpfung an die reichhaltige Historie.