Fahrvorstellung DS 9: Le president

Christine Harttmann
(erschienen bei VISION mobility von Gregor Soller)

Mit dem DS 9 kehrt der französische Stellantis-Arm zurück in die obere Mittelklasse: Mit einer gut 4,93 Meter langen (Chauffeurs-)Limousine, für die der Radstand der EMP-Plattform auf 2895 Millimeter gestreckt wurde.

Wir starten die ersten Testfahrten - im Fond!

Erstmals starten wir unsere Testfahrten im Fond: Könnte der DS 9 Luxuslimousine? Jein – denn im Vergleich zu den langen S-Klassen oder gar Rolls Royce dieser Welt ist er dann doch zu kuschelig, doch in Frankreich wirkt ohnehin alles über der oberen Mittelklasse protzig. Dafür gönnt man sich lieber Champagner und mehrgängige Mittagessen! Deshalb ist der DS 9 auch politisch korrekt als Staatlimousine für Emanuel Macron.

Und wir können Entwarnung geben: Das sehr französische Ambiente, von der Pariser Haute Couture inspiriert (Leder, Perlenbestickte Nähte, guillochierte Metalloberflächen – dabei werden Muster aus sich kreuzenden Linien in die Oberfläche eingraviert) erhebt den DS 9 merklich über Arteon, Superb und Co. und selbst groß gewachsene Fahrgäste finden im Fond genug Bein- und Kopffreiheit – wenn auch nicht ganz so luftig wie im VE-Konzern. In der Topversion „Opera“ samt dem DS-Lounge-Paket kommen vier beheiz- und belüftbare Sitze mit drei Massageprogrammen in drei Intensitäten dazu und Lounge-Kopfstützen, bei denen sich die Seitenteile einklappen lassen, so dass man den Kopf anlehnen und besser entspannen kann. Herr Macron kann also bestellen.

Und wir wechseln auf den Fahrersitz – und entspannen weiter, denn das galante Gleiten ist klar die Kernkompetenz des DS 9. Dank Plug-in-Hybrid und fast vier Millimeter dickem Akustikglas dämpft der Franzose die Außenwelt akustisch weit weg – erst ab 110 km/h säuselt dann der Wind hörbar dazwischen. Beim von uns gefahrenen E-Tense 225 werden 181-Verbrenner- mit 110 Elektro-Pferdchen zusammengespannt, was 225-PS respektive 165 kW Systemleistung ergibt, dazu kommen 360 Nm Kraft. Notfalls galoppiert der DS mit bis zu 135 km/h rein elektrisch oder bis 240 km/h mit Verbrennerunterstützung. 100 km/h sind bei Bedarf in 8,7 Sekunden erreicht. Doch wirklich sportlich gibt sich der eher weich, aber nicht schwammig gefederte DS 9 nie und der 1,6-Liter-Vierzylinder reagiert auf Leistungsanforderung zwar spontan, klingt akustisch aber so belanglos wie ein Allerweltsvierzylinder auf aller Welt – auch bei den deutschen Premiums – nun halt mal klingt. Im Zweifel dröhnig und angestrengt. Punch ist da, doch den ruft man besser leise und dezent ab.

Großer Aufwand, gekonnte Wirkung: Das Fahrwerk

Großen Aufwand trieb DS beim adaptiven Fahrwerk: Das lässt eine Kamera gemeinsam mit Neigungssensoren und Beschleunigungsmessern die Straßenbeschaffenheit in einem 25-Meter-Bereich vor dem Auto analysieren. Die aktive Federung kann dann durch kontinuierliche Dämpfersteuerung Straßenunebenheiten vorgreifen und versucht, diese auszugleichen. Die Daten werden in Millisekunden an einen Rechner übermittelt, der jedes einzelne Rad unabhängig ansteuert. Federt in der Praxis fein: Der DS 9 dämpft fast alle Unebenheiten kompetent weg, ohne schwammig zu wirken. Was zum entspannten Gesamtcharakter der Limousine beiträgt. Nur gegen ganz fiese Straßenbeläge und Löcher ist auch die Active Scan Suspension machtlos.

Entspannt bleibt der DS 9 auch bei der Connectivity, aber eher im sturen Sinn: Sprachbefehle bezüglich Audio und Navigation sollten schon ganz genau formuliert werden, sonst versteht er eher wenig und auch beim Übergang zwischen E-Maschine und Verbrenner oder umgekehrt verhaspeln sich die Vorserien-DS 9 mitunter noch manchmal und ruckeln bisweilen ein bisschen.

Noch ein Wort zum Verbrauch: Auf unserer rund 110 Kilometer langen Route boostete der 11,9-kWh-Akku rund 40 Kilometer mit, während sich der Spritverbrauch auf exakt 6,0l/100 km einpendelte. Später soll noch eine 250-PS-Version folgen, die dann rund 16 kWh Akkukapazität bietet, genug für rund 60 rein elektrische Kilometer. Der E-Tense 225 kann mit dem einphasigen 7,4-kW-On-Board-Charger im schnellsten Fall in einer Stunde und 40 Minuten geladen werden, an der einphasigen 1,8-kW-Steckdose dauert es bis zu sechs Stunden und 35 Minuten. 

Was bedeutet das?

Mit dem DS 9 hat die Marke ein interessantes Topmodell auf die Räder gestellt, das vor allem bei Haptik und Komfort ganz eigene starke Akzente setzt. Das gilt leider weniger für Antrieb, Connectivity und Variabilität. Hier wäre eine rein elektrische große Coupé-Limousine mit ebenso großer Heckklappe ein noch größerer Schritt gewesen.

 
Charakterstarkes Heck mit aufwändigen Leuchten. | Foto: DS
Charakterstarkes Heck mit aufwändigen Leuchten. | Foto: DS
« Bild zurück
Bild
1 / 20
Bild vor »