Porsche: Die Sportboliden ins rechte Licht bringen

Richard Pardon ist offizielle Fotograf des TAG Heuer Porsche Formel-E-Teams. Seine Fotos von Fahrzeugen sind bereits die Titelseiten einiger der größten Auto-Magazine der Welt schmückten. Im Rahmen eines Tutorials gibt er Tipps für gelungen Aufnahmen von Sportboliden. Dabei dreht alles um Produkte aus dem Hause Porsche.

 
Spuren vom Spyder | Foto: Porsche AG
Spuren vom Spyder | Foto: Porsche AG
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Der Hintergrund

Die Redaktion des Porsche-Newsrooms möchte in Zeiten der Mobilitäts-Beschränkungen in der Corona-Krise mit einer Reihe von Tutorials zur Kreativität anregen. Dazu hat man einige der kreativsten und talentiertesten Köpfe der Automobilwelt mit an Bord geholt: von Porsche-Chefdesigner Michael Mauer bis hin zu Richard Pardon, der als Fotograf Berühmtheit erlangt hat. Ziel war es, eine Reihe von Anleitungen zu schaffen, mit denen Enthusiasten ihre Fähigkeiten in mehreren Bereichen verbessern können, darunter Fahrzeug-Fotografie, Design, Kunst – und sogar Fahren. Und das alles von zuhause aus, unter Einhaltung der derzeit geltenden Ausgangsregeln.

Gleichzeitig lädt der Porsche-Newsroom Sie ein, eigenen Fahrzeug-Fotografien zu teilen. Dazu muss man nur den Hashtag #GetCreativeWithPorsche verwenden. Die besten Fotos werden auf Social-Media-Profilen von Porsche geteilt und der Experte Pardon wird sie kommentieren und Tipps geben.

Aber lassen wir nun Richard Pardon selbst zu Wort kommen. Er macht den Auftakt der Serie. Das Ganze ist natürlich gesickt mit Porsche-Fotografien der Extraklasse.

Eine teure Ausrüstung ist gar nicht nötig

 „Die meisten besitzen ein Handy mit Kamera und oftmals finde ich, dass die Fotos, die ich mit meinem Handy schieße, auch kreativer aussehen. Wenn man eine zu große Auswahl verschiedener Linsen, Blenden, Belichtungszeiten und so weiter hat, kann das auch eine Last sein: Macht man sich zu viele Gedanken über ein Bild, verpasst man vielleicht den richtigen Moment, aber mit einem Handy kann man ihn einfach direkt einfangen.

Handykameras sind in den vergangenen Jahren um Welten besser geworden; man kann ein Handyfoto vielleicht nicht auf Plakat-Größe aufziehen, aber für die Verwendung von Fotos in Social Media ist es optimal. Es gibt tausende Apps zur Bildbearbeitung, mit denen ein gutes Foto zu einem großartigen wird. Ich verwende meist die App Lightroom, da sie sich mit meiner Mac-Version synchronisieren lässt (was praktisch ist, um Fotos von meiner Kamera auf mein Handy zu senden und unterwegs zu bearbeiten). Die Handy-App bietet die gleichen Funktionen wie die Desktop-Version, man sollte jedoch bedenken, dass es sich hier nicht um RAW-Dateien handelt, daher können die Bilder auch nicht so umfassend bearbeitet werden wie RAW-Dateien von einer spiegellosen oder Spiegelreflex-Kamera.“

Und die Belichtungszeit?

„Mit der Belichtungszeit wird angegeben, wie lange der Verschluss der Kamera geöffnet bleibt: Das kann zwischen 1/8000 Sekunde bis hin zu einer halben Minute sein. Solange der Verschluss geöffnet ist, fällt Licht ein und das Bild wird belichtet. Beim Fotografieren von Fahrzeugen in Bewegung – was für uns alle derzeit nicht möglich ist – können wir durch eine veränderte Belichtungszeit wahlweise ein Bild einfrieren (kurze Belichtungszeit) oder durch zusätzliche Bewegungen/Verwackelungen (lange Belichtungszeit) einen dynamischen Effekt erzielen. Alle modernen Kameras verfügen über einen Modus, in dem die Belichtungszeit manuell angepasst werden kann und die Kamera dann alle anderen Variablen automatisch entsprechend einstellt.

Für ein statisches Bild verwende ich eine kurze Belichtungszeit (1/500 oder kürzer). So wird jede Bewegung eingefroren und es verwackelt nichts. Um einem Bild etwas Bewegung zu verleihen, also um darzustellen, dass ein Auto vorbeifährt, ist eine längere Belichtungszeit (1/250 bis 1/30) erforderlich. Das erfordert etwas Übung, denn die Kamera muss aktiv mit dem sich bewegenden Objekt geschwenkt werden, also im Prinzip dessen Bewegungen verfolgen. Wenn man meint, das Schwenken der Kamera passt zur Bewegung des Fahrzeugs, löst man aus. Mit etwas Übung kann man dann weniger schnell schwenken. Es gibt hier keine Zauberformel. Mit der Zeit bekommt man ein Gefühl dafür, wie schnell sich ein Fahrzeug bewegt, ob es eine Kurve nimmt und so weiter.“

So machen es die Profis

„Auto-Magazine und Fahrzeughersteller nutzen häufig sogenannte „Car-to-Car-“ oder „Tracking-Shots“. Dabei wird das zu fotografierende Fahrzeug von einem zweiten verfolgt oder begleitet und dabei aufgenommen. Hier gilt das gleiche Prinzip: Für die Darstellung von Bewegung wird eine längere Belichtungszeit benötigt – gleichzeitig muss man die Kamera so ruhig wie möglich halten. Besonders wichtig ist dabei, dass sich die beiden Fahrzeuge weitestgehend synchron bewegen; wenn das der Fall ist, schießt man das Foto. Der Verschluss öffnet sich, die Straße verschwimmt und mit ein bisschen Glück, wenn beide Fahrzeuge genau gleich schnell genau in einer Linie fahren, wird das Foto scharf. In beiden Fällen, beim Schwenken der Kamera ebenso wie bei der Car-to-Car-Technik, sollte man am besten einfach drauflos fotografieren und so oft wie möglich den Auslöser drücken, damit am Ende ein scharfes Bild dabei ist.“

Ins rechte Licht gesetzt

„Autodesigner verbringen unzählige Stunden damit, die Formen und Linien zu kreieren, die wir an Fahrzeugen oft für selbstverständlich halten. Wenn mich ein Automobilhersteller bittet, ein brandneues Fahrzeug abzulichten, bevor es der Öffentlichkeit vorgestellt wird, ist das eine große Ehre für mich. Da dies dann häufig die ersten Bilder sind, die die Welt von diesem Fahrzeug zu Gesicht bekommt, ist der Einsatz von Licht sehr wichtig, um das Design bestmöglich darzustellen. Normalerweise kommt Licht von oben (durch Sonnenstrahlen), daher lautet meine erste Faustregel, das Fahrzeug von einem höheren Winkel aus zu beleuchten. Für mich ist nicht das Licht das Spannende, sondern der Schatten. Schatten erzählen eine Geschichte: woher das Licht kam, wie intensiv es war und wie weit entfernt. Es ist faszinierend, welchen Einfluss Licht auf die Formen eines Fahrzeugs hat.“

Jordans besonderer Stil

„Zu meinem persönlichen Stil gehört es, immer mit Beleuchtung von hinten zu fotografieren. Mir gefällt der Blick in die Sonne beziehungsweise das Licht, denn dadurch tritt der Schatten in Richtung Kamera und erzählt die Geschichte somit eindringlicher. Außerdem erzeugt man auf diese Weise Streulicht, das zu meinen Lieblings-Bildeffekten gehört, wenn es denn richtig eingesetzt wird. Dafür muss ich allerdings meist Ziele außerhalb Großbritanniens suchen, denn man braucht Sonne ...“

Tipps für die Bildkomposition

„Was mich an der Fotografie mit am meisten fasziniert, ist die Möglichkeit, die Welt so darzustellen, wie ich sie sehe. Wenn man zwei Fotografen bittet, das Gleiche abzubilden, erhält man stets zwei unterschiedliche Ergebnisse. Kein Foto ähnelt dem anderen; und wenn mich jemand fragt, welches meiner Fotos mir am besten gefällt, sage ich immer, es wird das nächste sein.

Man sollte sich überlegen, ob man von oben oder unten fotografieren möchte – einen GT3 fotografiert man zum Beispiel am besten aus einer niedrigeren Position, um den Kotflügel zu betonen. Weitere Objekte im Vordergrund können dem Bild zusätzliche Tiefe verleihen. Man könnte zum Beispiel durch Blätter hindurch fotografieren, um Farbakzente zu setzen. Oder über einen Felsen hinweg, um mehr Struktur zu erhalten.

Zu meinen besten Fahrzeug-Fotografien gehören die, die aus einem für die Betrachtung eines Fahrzeugs eher unüblichen Winkel geschossen wurden. Statt das Bild einfach in normaler Blickhöhe aufzunehmen, kann man auch zu einem nahegelegenen erhöhten Punkt hinaufsteigen und von dort auf das Objekt hinunterblicken oder mal mit einer Drohne experimentieren (sofern erlaubt).“

Den ganzen Tag nutzen

„Ich liebe das Fotografieren bei Langstreckenrennen, denn dabei hat man die Möglichkeit, den ganzen Tag über Fotos aufzunehmen, von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang, und sogar bei Nacht. Die Morgen- und die Abenddämmerung sind meist die besten Tageszeiten zum Fotografieren, denn durch die Dunkelheit wird das Objekt buchstäblich in einem anderen Licht gezeigt. Fotos entstehen, indem der Verschluss geöffnet und der Sensor (oder Film) belichtet wird. Wenn kein Licht vorhanden ist, also zum Beispiel nachts, verlängert sich die Belichtungszeit um ein Vielfaches.

Ende 2019 sollte ich für das EVO-Magazin die britische Premiere des Porsche 718 Spyder im Kielder Forest fotografieren, dem größten Lichtschutzgebiet Europas. Es ging bei diesem Feature um Nachtfahrten unter dem Sternenhimmel mit dem berühmten Sechszylinder-Porsche-Klang des 718 Spyder als einzige Begleitung.

Wir setzten die Belichtungszeit der Kamera auf 30 Sekunden und ‚gemalten‘ die Straße mit den Rücklichtern des Spyder, wodurch ein spezieller Eindruck von Bewegung entstand, der Lichtspur genannt wird. Je länger die gewählte Belichtungszeit, desto mehr sorgt auch nur geringes verfügbares Licht (in diesem Fall von den Sternen) dafür, dass sich das Motiv als Silhouette gegen den Horizont abhebt.“

Künstliches Licht

„Wenn man die Kamera auf einem Stativ befestigt, kann man eine künstliche Lichtquelle verwenden. Dabei muss es sich nicht um einen teuren Kamerablitz handeln, ein konstantes Licht, beispielsweise von einer Taschenlampe, ist ebenfalls denkbar. Man stellt eine lange Belichtungszeit ein und leuchtet mit der Taschenlampe auf das Objekt. Wir nennen diese Methode Lichtmalerei. Man kann durch den Rahmen beziehungsweise um das Auto herumgehen. Solange einen das Licht nicht trifft, erscheint man auch nicht auf dem Foto. Auch die Richtung des Lichteinfalls sollte berücksichtigt werden: Wenn man stillsteht und ein Spiel aus Licht und Schatten schafft, erhält man tolle Konturen. Alternativ kann man um das Auto herumgehen; dann spiegelt sich das Licht im Lack und schafft einen durchgehenden Glanz-Effekt.“