Handy blockiert den sechsten Sinn

Beim Autofahren können viele nicht die Finger vom Smartphone lassen.

Handy blockiert den sechsten Sinn
Handy blockiert den sechsten Sinn
Redaktion (allg.)

Auch beim Autofahren können viele nicht die Finger vom Smartphone lassen. Das ist nicht nur verboten, sondern auch gefährlich. Denn das Tippen auf dem Handy legt unseren inneren Autopiloten lahm. Vor allem deutsche Autofahrer können ihre Finger nicht vom Handy lassen – obwohl es verboten ist, während des Fahrens ein Telefon oder Smartphone zu nutzen, wenn man es dafür in die Hand nehmen muss. Doch auch starke geistige oder emotionale Belastungen bergen Risiken, etwa wenn mehrere Ablenkungen zusammenkommen.

Der Informatikprofessor Ioannis Pavlidis wollte herausfinden, welche Form von Ablenkung am Steuer am gefährlichsten ist. Dazu setzte er 59 Freiwillige – junge Erwachsene und Senioren – in einen Fahrsimulator. Zunächst fuhren sie acht Kilometer auf einer zweispurigen Autobahn, um sich an den Simulator zu gewöhnen, und weitere 11 Kilometer zur Entspannung. Während der Fahrten lenkte er die Probanden am Steuer mit verschiedenen Aufgaben und dem Handygebrauch ab. Verblüffender Weise hielten die Probanden das Steuer bei rein gedanklicher Ablenkung sogar besser auf Kurs als ohne Ablenkung: Kaum kamen sie nur ein wenig von der Spur ab, korrigierten sie die Richtung unbewusst sofort wieder.

Dieser Automatismus, den Pavlidis als „sechsten Sinn“ bezeichnet, setzte jedoch nur dann ein, wenn sie Rechenaufgaben lösen oder emotional aufwühlende Fragen beantworten sollten. Schrieben sie hingegen eine Nachricht am Handy, gerieten sie teils gefährlich ins Schlingern. Ist das Gehirn mit anderen Dingen beschäftigt, hält unser innerer Autopilot das Steuer um so fester auf Kurs. Das Tippen auf dem Handy blockiert den Korrekturmechanismus, indem es die automatische Feedbackschleife zwischen Händen und Augen unterbricht.

Die Gedanken können abschweifen, die Emotionen hochkochen, aber unser innerer Autopilot, eine Art sechster Sinn, hält uns auf Kurs.
Ioannis Pavlidis, Labor für computergestützte Physiologie der Universität in Houston, Texas

Foto: TÜV Nord

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