Autonom? Nein, Danke!

Im Auftrag von Continental hat das Sozialforschungsinstitut infas eine Studie veröffentlicht, die Trends und Entwicklungen der Transportbranche unter die Lupe nimmt. Ein Ergebnis: die kritische Haltung gegenüber automatisiertem Fahren hält an.

Automatisiertes Fahren | Bild: Continental
Automatisiertes Fahren | Bild: Continental
Redaktion (allg.)

Für die Studie „Der vernetzte Truck“ wurden deutsche Spediteure, Logistiker und Transportunternehmen zu Themen wie Digi-talisierung, Automatisierung, Fahrzeugtechnologien sowie zu den Rahmenbedingungen der Branche befragt: Ein paar wichtige Ergebnisse vorab:
- Unter deutschen Transportunternehmen wächst die Sorge, bei der Digitalisierung den Anschluss zu verlieren.
- Der Umweltschutz gewinnt in der Transportbranche deutlich an Bedeutung.
- Neue Akteure treten ins Transportgewerbe ein.
- Das wird als Wettbewerbsverschärfung angesehen.
- Fahrermangel bleibt große Herausforderung

Bei der Digitalisierung sehen Logistiker Handlungsbedarf

Mit Blick auf die Digitalisierung zeichnet sich in den Studienergeb-nissen ein klares Bild ab: Ein Großteil der befragten Logistiker – und ein nochmals größerer Anteil gegenüber 2016 – gibt an, dass die Digitalisierung die Branche bereits stark verändert habe. Obwohl die Chancen durch die Digitalisierung von einem Teil der Logistiker positiv wahrgenommen werden, überwiegt bei den Befragten jedoch die Sorge, den Anschluss zu verpassen – eine Befürchtung, die sich im direkten Vergleich mit den Ergebnissen der Vorgängerstudie aus 2016 leicht verstärkt hat. „Die Transportbranche befindet sich inmitten eines großen Transformationsprozesses. Die Akteure beobachten, dass sich die Digitalisierung in den letzten Jahren weiter beschleunigt hat, und sehen nun Handlungsbedarf, um auch zukünftig gut aufgestellt zu sein“, so Gilles Mabire, Leiter des Geschäftsbereichs Commercial Vehicles and Services (CVS) bei Continental.

Ein Großteil der Befragten sieht im automatisierten Fahren keine Chancen für die Transportbranche. | Bild: Continental
Ein Großteil der Befragten sieht im automatisierten Fahren keine Chancen für die Transportbranche. | Bild: Continental

Skepsis gegenüber Automatisierung

Unverändert kritisch stehen die befragten Logistiker der Automatisierung im Transportgewerbe gegenüber. Zwar lässt sich feststellen, dass die Zahl derjenigen, die dem automatisierten Fahren besonders skeptisch bzw. besonders positiv gegenüberstehen, im Vergleich zu den Studienergebnissen 2016 an beiden Enden der Skala leicht gesunken ist. Dass im automatisierten Fahren Chancen für Branche oder Fahrer liegen, sieht allerdings nach wie vor nur eine kleine Minderheit der Studienteilnehmer.

Gute Nachrichten bietet die Studie für die IT- und Telematikdienst-leister der Branche: Die Logistiker zeigen sich deutlich zufriedener mit der von ihnen eingesetzten Software. Für Softwarelösungen etwa zur Unterstützung von Fahrern, Disponenten und Fuhrparkmanagern vergeben die Befragten durchweg bessere Noten als noch 2016.

Zukunftsthema Vernetzung

Auch die Fahrzeugvernetzung wird insbesondere für größere Flotten ein immer wichtigeres Zukunftsthema. „Nutzfahrzeuge sind heute die am stärksten vernetzten Fahrzeuge überhaupt. Logistiker suchen nach Lösungen, um die neuen Technologien bestmöglich für sich zu nutzen“, stellt Mabire fest. „Mit entsprechenden Softwarelösungen haben Speditionen und Fuhrparkunternehmen bereits Erfahrungen gemacht und schätzen den Effizienzgewinn. Der unmittelbare Nutzen überwiegt im Vergleich zur entfernten Vision vom autonomen Fahren.“ An der Einstellung in der Branche wird sich nur wenig ändern, solange automatisiertes Fahren nur als abstraktes Konzept diskutiert wird.

Künftige Herausforderung: Wettbewerb um gut ausgebildete Fahrer

Was sind die größten Herausforderungen für die Branche? Unverändert prominent stehen für die befragten Logistiker der steigende Kostendruck sowie der Wettbewerb um gut ausgebildete Fahrer auf den ersten beiden Plätzen der zukünftigen Herausforderungen. Hier erwarten sie fast einstimmig eine weitere Verschärfung der Bedingungen. Doch auch darüber hinaus sehen Logistiker neue Herausforderungen auf die Branche zukommen.

Verlader werden zur Konkurrenz

Knapp die Hälfte der Befragten fürchtet, dass neue Akteure die Konkurrenzsituation im Transportgewerbe weiter verstärken. „Große Verlader und Onlinehändler, die zuvor selbst Kunden der Transportunternehmen waren, bauen sich nun eine eigene Logistikinfrastruktur auf. Dadurch gehen den Logistikern nicht nur Bestandskunden verloren, sondern neue Player betreten den Markt“, stellt Mabire fest. In den Studienergebnissen rechnen die Logistiker den neuen Konkurrenten eine größere Bedeutung zu als dem Schiff- oder Schienenverkehr.

Umweltschutz gewinnt an Bedeutung

Deutlich wichtiger geworden ist das Thema Umwelt. „Durch die globale Diskussion um Klimaveränderungen ist das Thema auch in der Logistik-Branche nicht mehr wegzudenken. Das Ergebnis reflektiert zudem die ganz konkreten Maßnahmen der Politik wie etwa die EU-Gesetzgebung zur Reduktion der CO2-Emissionen beim Schwerlastverkehr, die sich auf die Branche auswirken. Die großen Fragen sind, wie stark das Thema zukünftig durch die Politik geregelt wird und wie die Logistiker in Zukunft agieren werden, beispielsweise was Investitionsentscheidungen angeht“, so Mabire. „Wenn die Investitionsbereitschaft der Verlader beim Thema Umweltschutz nicht steigt, muss die Politik auf Anreize setzen, damit das Transportgewerbe seinen Beitrag zum Erreichen der Klimaziele leistet.“

Kommentar:
Erst, wenn die gesetzlichen Rahmenbedingungen klarer werden und sich in ersten Projekten in abgeschlossenen Bereichen wie Hafenterminals oder in der Hub-to-Hub Logistik zeigt, dass die Automatisierung den Unternehmen einen ganz konkreten Vorteil bringt, wird das automatisierte Fahren Unterstützer gewinnen.
Gilles Mabire, Leiter Geschäftsbereichs Commercial Vehicles and Services (CVS) bei Continental

 

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