BAG: Aufkommen im Güterverkehr stagniert noch

Die „Gleitenden Mittelfristprognose Sommer 2022“ sagt eine anhaltende Stagnation bis Ende 2023 voraus. Danach dürfte die Branche auf den Wachstumspfad zurückkehren.

(Symbolbild: Pixabay)
(Symbolbild: Pixabay)
Christine Harttmann
(erschienen bei Transport von Christine Harttmann)

Der Güterverkehr in Deutschland wird trotz wirtschaftlicher Eintrübung in den Jahren 2022 und 2023 in etwa auf dem jeweiligen Vorjahresniveau bleiben. Als Folge einer zu erwartenden wirtschaftlichen Belebung ist für das Jahr 2024 gesamtmodal wieder mit einem Plus in Höhe von 1,5 Prozent des Gütertransportaufkommens oder etwa 2,2 Prozent der Gütertransportleistung zu rechnen. Neben dem Straßengüterverkehr wird vor allem der Güterverkehr auf der Schiene auf einen Wachstumspfad zurückkehren, allen voran der Kombinierte Verkehr. Das geht aus der aktuell veröffentlichten „Gleitenden Mittelfristprognose Sommer 2022“ hervor, die das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) veröffentlicht hat.

Im Jahr 2022 wird der Güterverkehr noch von der spürbaren Verschlechterung der gesamtwirtschaftlichen Perspektiven gebremst – diese Analyse ist für Branchenkenner fast schon eine Binsenweisheit. Wie schon zu Jahresanfang prognostiziert, werden zwar fast alle Leitdaten wieder ansteigen, allerdings in aller Regel spürbar geringer als erwartet. Für mehrere bedeutende branchenwirtschaftliche Leitdaten, darunter die Industrie- und die Stahlproduktion, ist laut der Prognose ein Rückgang zu erwarten. Die Bauproduktion steigt nur in einem ähnlich schwachen Tempo wie im Vorjahr. Lediglich der seit Jahrzehnten kräftig sinkende Steinkohleabsatz wird aus ähnlichen Gründen wie im Vorjahr nochmals deutlich zunehmen. In der Gesamtsicht erwarten die Analysten, dass das gesamtmodale Güterverkehrsaufkommen im Jahr 2022 geringfügig zurückgeht und um 0,4 unter dem Vergleichswert liegt. Die Leistung wird also nahezu vollständig stagnieren.

 

Der Straßengüterverkehr wird ebenfalls geringfügig sinken, weil neben der konjunkturellen Abschwächung auch die Baustofftransporte bremsen. Den außergewöhnlich hohen Anstieg der Gesamtkosten können die Unternehmen nicht oder nur teilweise über die Transportkosten an ihre Kunden weitergeben. Auch der Eisenbahnverkehr stagniert in etwa auf dem Niveau des Vorjahres. Eine steigende Zahl Fahrzeugtransporte und der leicht zunehmende kombinierte Verkehr können den Rückgang in Bereichen wie Chemie und Metalle nahezu ausgleichen.

Die Binnenschifffahrt hingegen wird deutlich gedämpft durch Rückgänge der Bau-, Stahl- und Chemieproduktion. Der drastische Anstieg der Kohleförderungen kann das nicht ausgleichen. Unter dem Strich wird ein Rückgang des Aufkommens um 3,5 Prozent erwartet. Die Luftfracht wird wegen der stark nachlassenden Dynamik des Welthandels noch deutlicher um 5,7 Prozent sinken. Selbiges gilt zwar grundsätzlich auch für den Seeverkehr, der zusätzlich noch vom Wegbrechen des Verkehrs mit Russland betroffen ist. Allerdings werden laut der Prognose klare Zuwächse bei Rohöl und Steinkohle das Defizit fast vollständig ausgleichen, so dass der Umschlag nur um 0,7 Prozent unter dem Vorjahr liegt. Bei den Rohrleitungen führt der kräftige Anstieg der Rohöleinfuhren zu einer Zunahme der Durchsatzmenge um 8,8 Prozent.

Für 2023 wird ein Rückgang des Bruttoinlandprodukts (BIP) erwartet, auch wenn im zweiten Quartal eine leichte Erholung einsetzen dürfte. Das gesamtmodale Aufkommen wird daher laut der Prognose nahezu stagnieren. Einen Rückgang um 0,1 Prozent sagen die Analysten voraus. Die Transportleistung wird um 0,6 Prozent steigen.

Die Veränderungsraten des Straßengüterverkehrs seien wie meistens fast identisch mit denen des gesamtmodalen Güterverkehrs, heißt es in dem Prognosebericht. Dagegen dürften sich der Eisenbahnverkehr und die Binnenschifffahrt sich etwas günstiger entwickeln und bei der Transportleistung ein nicht unwesentliches Plus von jeweils rund einem Prozent einfahren. Im Schienengüterverkehr sollen erneut Fahrzeugtransporte und der Kombinierten Verkehr Treiber sein, während die Transporte auf den Wasserstraßen vor allem von einem Anstieg der Mineralölproduktentransporte profitieren, der die wieder sinkenden Kohlebeförderungen mehr als ausgleicht. Dem Luftfrachtverkehr prognostizieren die Analysten eine leichte Erholung um 0,9 Prozent. Im Seeverkehr rechnen sie für den Containerverkehr zumindest mit einem leichten Plus. Bei den Massengütern hingegen wird sich die diesjährige, außerordentlich günstige Entwicklung nicht wiederholen. Andererseits ist angesichts der Aussichten für Stahl und Mineralöl mit wesentlich geringeren Einbußen als in vielen der Vorjahre zu rechnen. Für den Gesamtumschlag ergibt sich daraus eine exakte Stagnation.

Für das Jahr 2024 rechnen die Analysten mit einer Rückkehr der deutschen Wirtschaft auf den Wachstumspfad zurückfinden. Davon wird dann auch die Industrieproduktion profitieren.

„Damit wird das gesamtmodale Transportaufkommen nach zwei Jahren mit annähernder Stagnation wieder ein stärkeres Wachstum verbuchen, das wir mit 1,5 Prozent prognostizieren“, steht im Prognosebericht.

Das Vorkrisenniveau wird damit allerdings auch im Jahr 2024 noch um 1,2 Prozent verfehlt. Die Transportleistung wird sich etwas deutlicher, um 2,2 Prozent, erhöhen und damit um gut 3 Prozent über dem Vorkrisen-Niveau liegen.

Nahezu alle Verkehrsträger werden an diesem Aufschwung teilhaben. Der Straßenverkehr wird wieder im Ausmaß des gesamtmodalen Verkehrs steigen. Der Schienengüterverkehr wird noch etwas deutlicher zulegen. Beide Verkehrsträger werden laut der Prognose in ihrer Transportleistung das Vorkrisenniveau um vier bis fünf Prozent übertreffen. Das Transportaufkommen wird aber noch etwa ein Prozent unter Vorkrisenniveau bleiben. Eine „schwarze Null“ wird der Binnenschifffahrt vorausgesagt. Der Luftfrachtverkehr wird um 1,8 Prozent steigen. Auf See dürfte der Containerverkehr angesichts der Belebung des Welthandels auf den Wachstumspfad zurückfinden.

Im Allgemeinen basiert die Sommerprognose hinsichtlich der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung noch auf der Frühjahrsprojektion des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) vom April des jeweiligen Jahres. Im Jahr 2022 hat sich die deutsche Wirtschaft seitdem jedoch in einem Ausmaß abgekühlt, das es als zwingend erschien, aktuellere Prognosen zu verwenden. Deshalb wurde der Abschluss des gemeinsam von der Intraplan Consult und dem Bundesamt für Güterverkehr erstellte Prognosebericht in Abstimmung mit dem Auftraggeber auf Oktober verschoben, so dass die am 12. Oktober 2022 publizierte Herbstprojektion des BMWK genutzt werden konnte.

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