Deloitte Restructuring Report 2023/2024: Vor allem Zulieferer betroffen
In einer kürzlich durchgeführten Untersuchung wurden Meinungen und Prognosen von 190 Fachleuten aus den Bereichen Insolvenzberatung, Management- und Rechtsberatung, Finanzierung sowie von (Interims-)Managern verschiedener Unternehmen eingeholt. Sie gaben ihre Einschätzungen zu den Aussichten der Wirtschaft und Branchentrends sowie zur aktuellen Situation auf dem Markt für Unternehmensrestrukturierungen ab.
Vor allem Zulieferer müssen massiv restrukturieren
Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, dass in Deutschland eine steigende Anzahl an Unternehmensrestrukturierungen zu erwarten ist, wobei insbesondere Autozulieferer, Bauunternehmen, Einzelhändler und Krankenhäuser betroffen sein werden. Besonders kritisch wird die Lage in der Automobilbranche gesehen, wo nicht alle Zulieferer den Übergang zu Elektromobilität und Digitalisierung erfolgreich meistern dürften. Die Verschuldung der Unternehmen ist durch erhöhte Kosten und Zinsen signifikant gestiegen. „Vor allem Zulieferer stehen vor enormen Herausforderungen“, heißt es wörtlich. Trotz der Rekordgewinne der Automobilhersteller durchlaufen deren Zulieferer aktuell grundlegende Transformationsprozesse, die nicht alle überstehen könnten, weshalb sie zu einem Hauptfeld für Restrukturierungen werden dürfte.
Die deutschen Automarken brauchen schnell bezahlbare Elektroautos
Eine weitere Studie von Allianz Trade hebt hervor, dass europäische und insbesondere deutsche Automobilhersteller vor großen Herausforderungen stehen, da sie im Vergleich zu China verspätet in den Markt für Elektrofahrzeuge eingetreten sind und Schwierigkeiten haben, erschwingliche Modelle profitabel zu produzieren. Die Anpassung an Branchenveränderungen bereitet vielen Unternehmen Probleme, was bedeutende Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben könnte. Da Elektroautos weniger Teile benötigen, könnten die Hersteller laut Allianz Trade mit 30 Prozent weniger Personal auskommen, was in der EU 730.000 Arbeitsplätze, darunter 260.000 in Deutschland, gefährden könnte.
Interessant: Der deutsche Maschinen- und Anlagenbau stünde laut Deloitte derzeit noch weniger stark im Fokus, wird jedoch mutmaßlich mittel- bis langfristig ebenfalls vor Problemen stehen. „Die Unternehmen der Branche müssen ihr Produktportfolio im globalen Wettbewerb schärfen und Innovationen gezielt, aber bedacht vorantreiben.“ Gleichzeitig müssten das Working Capital und wesentliche Kostenpositionen konsequent adjustiert und flexibilisiert werden.
Die Restrukturierungspraxis wird immer komplexer
Nach der Meinung der Befragten werden Restrukturierungsfälle inhaltlich, aber auch aufgrund der hohen Anzahl der Stakeholder zunehmend komplexer. Darüber hinaus wird der Verlauf der Restrukturierungsfälle unsicherer. Mehr als zuvor sind laut Deloitte „eine klare strategische Ausrichtung und ein anpassungsfähiges Geschäftsmodell Schlüssel für eine erfolgreiche Restrukturierung.“
Neben diesen Punkten ist es den Expert:innen zufolge oft auch die mangelnde operative Umsetzung, an der Restrukturierungen scheitern. Eine umfassende und ganzheitliche Restrukturierung werde zudem immer wichtiger. Anstatt „nur“ Liquiditätsengpässe zu beheben, müsse man auch Geschäftsmodelle transformieren können und darf die umfassende Umsetzung nicht vernachlässigen.
Restrukturierung wird ein breiteres und inhaltlich anspruchsvolleres Betätigungsfeld
Restrukturierer:innen der Zukunft sollten daher sämtliche entsprechenden Instrumente kennen, um so die Entscheidungen, die im Zeitverlauf sinnvoll oder erforderlich werden, treffen zu können. Zudem ändert sich das Finanzierungsumfeld: Die klassische Bankfinanzierung nimmt nach Meinung der Expert:innen an Bedeutung ab, während der Einfluss von Debt Funds wächst.
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Was bedeutet das?
Die Rekordgewinne der Autohersteller beruhen teils auch auf der schwachen Bezahlung ihrer Zulieferer. Wie uns einst ein Insider verriet, werden hier exakte Preise und im schlechtesten Fall auch Margen vorgegeben, an die sich die Zulieferer halten müssen. Nur wenn diese hier „unter der Hand“ noch weitere Potenziale heben können, hilft das deren Margen. Doch nachdem die ohnehin schon ziemlich ausgeknautscht sind, ist es für sie umso schwieriger, hier weitere Investitionen für Innovationen zu tätigen. Dazu kommt erschwerend, dass Zulieferer ihre Produktpaletten nicht so schnell ändern können, zumal für E-Autos grundsätzlich weniger Komponenten benötigt werden. Weshalb Deloitte hier den größten Umstrukturierungsbedarf sieht.