Der Antrieb, mehr zu wollen, ist das Geheimnis

INNOVATING FOR YOU: Nachhaltige Produktion, nachhaltige Fahrzeuge

Der Antrieb, mehr zu wollen, ist das Geheimnis
Der Antrieb, mehr zu wollen, ist das Geheimnis
Redaktion (allg.)

Die Geschichte von Fliegl Trailer beginnt in der turbulenten Zeit nach der Wiedervereinigung Deutschlands. Nachdem die bayerische Inhaberfamilie und die thüringische Belegschaft anfängliche Ost-West-Differenzen überwunden haben, schreiben sie gemeinsam an ihrer Erfolgsstory und formen ein zukunftsorientiertes Unternehmen, das auf solidem Wachstum basiert.

In Triptis regeneriert ein Landwirtschaftliches Instandsetzungswerk Achsen und Lenkungen. Josef Fliegl, Unternehmer aus Bayern, der erfolgreich Agraranhänger baut, und sein Sohn Helmut setzen auf die strategisch günstige Lage Thüringens. Von der Treuhand übernehmen sie das LIW, doch die Geschäfte gestalten sich schwierig: Die Eigentumsverhältnisse in der Landwirtschaft sind oft unklar, teilweise halten sich Funktionäre, die den freien Handel blockieren, das Werk Triptis schreibt rote Zahlen. Im September muss Josef Fliegl handeln - er schickt seinen Sohn nach Thüringen. Für den erst 22-jährigen und seine Freundin Margit (19), die ihn begleitet, bedeutet dieser Schritt den Abschied von der bayerischen Heimat, aber sie nehmen die Herausforderung an.

Helmut Fliegl stößt in Triptis auf unterschiedliche Reaktionen: „Plötzlich stand da ein Jungspund aus dem Westen, der sagt, wo es langgeht, und mit eisernem Besen kehrt.“ In den ersten Monaten fallen 100 Stellen weg, die Anforderungen an die Mitarbeiter steigen, aber Fliegl Junior packt auch selbst mit an. Die Liebe zur Technik spürt Helmut Fliegl schon in seiner Kindheit. Als Junge hantiert er mit Werkzeugen, tüftelt und probiert aus. Lange bevor aus Fliegl eine weltweit erfolgreiche Unternehmensgruppe wird, kauft Helmuts Vater Josef Lastwagen, schlachtet sie aus und baut sie zu landwirtschaftlichen Anhängern um. „Das waren alte Krupp-Kipper, deren Holzkabinen abgetrennt wurden. Damit haben wir Kinder gespielt und Teile ausgebaut. So bekam mein Go-Kart einen Scheibenwischer, obwohl es keine Scheibe hatte.“

Die Jungs sammeln die Schrauben aus den LKW-Wracks, reinigen sie und trocknen sie in Mutters Strumpfhose. Mit 11 baut Helmut sein erstes eigenes Fahrzeug: einen Roller, 90 km/h schnell. „Den Unimog der Gemeinde haben wir damit bergauf überholt, allerdings hat uns der Fahrer verpetzt. Heute gäb’s eine Anzeige, damals gab’s eine Watsche. Der Rollermotor war super, aber die Bremse war schlecht. Bei einem Ausweichmanöver sind wir mit Vollgas im Maisfeld gelandet.“ Es ging spartanisch zu, extrem sparsam. Längst sind die Spötter verstummt und Helmut Fliegl ist selbst dreifacher Vater. Die jugendliche Abenteuerlust von Maxi (18 Jahre, Mechatroniker-Azubi), Lisa (17, macht eine Ausbildung zur Automobilkauffrau) und Hansi (15) erlebt er aus der Elternperspektive: „Ich bremse sie manchmal, wohlwissend, dass sie sich nicht bremsen lassen. Unsere Mutter lag immer wach, bis wir nach Hause gekommen sind, egal, wie spät nachts es war. Heute verstehe ich sie.“

Anfang der Neunziger Jahre boomt der Markt für LKW-Anhänger. Helmut Fliegl macht Fahrzeuge, die das Stammhaus in Bayern für die Landwirtschaft baut, straßentauglich. Die Idee ist gut, doch ihre Umsetzung anfangs schwierig: Es fehlen Produktkenntnis, Kunden und Lieferanten: „Wir mussten auf Teile ausweichen, die unserem Anspruch nicht gerecht wurden. Darunter litt zunächst unser Ruf.“

Im Jahr 1992 gelingt der Durchbruch - mit der Konstruktion des ersten geraden Tiefladeranhängers, der neben Baumaschinen auch Paletten oder Container laden kann. Der Wettbewerb belächelt Fliegl, doch bald schon bauen andere Hersteller das Fahrzeug nach.
Mit der Standhaftigkeit und Bodenhaftung eines Familienunternehmens sowie mit laufend optimierten Produkten hat sich Fliegl Trailer in der Branchenspitze etabliert. 2005 baut Fliegl mit der Eröffnung seines Werks II seine Kapazitäten in der Großserienfertigung erheblich aus. In einem der modernsten Trailerwerke Europas laufen Pritschen- und Planensattel, Containerchassis und Sattelkipper vom Band.

Und heute zieht Helmut Fliegl eine positive Bilanz:  „Wir kennen die Anforderungen unserer Kunden und entwickeln die dafür passenden Transportlösungen. Die Qualität unserer Fahrzeuge hat ein sehr hohes Niveau erreicht, Ost-West ist kein Thema mehr. Meine Kinder sind ja selbst Ossis, wachsen hier auf und auch ich werde immer mehr zum Thüringer. Die Entscheidung, hierher zu ziehen, habe ich nie bereut.“

Fliegl Trailer bleibt auf Wachstumskurs und investiert im laufenden Jahr 5,5 Millionen Euro in Deutschland plus 3 Millionen im Ausland. Demnächst geht eine weitere Laseranlage in Betrieb, mehrere Lager- und Logistikhallen sind im Bau, dazu ein Fünffamilienhaus. Alle Investitionen sind mit 100% Eigenkapital grundsolide finanziert.

Vielleicht bin ich zu konservativ, aber ich finde, es werden zu viele Luftschlösser gebaut. Jetzt, wo die Wirtschaft sprudelt, scheint das keine Rolle zu spielen. Aber sie wird nicht immer weitersprudeln. Unsere Ökonomie ist gedopt mit billigem Geld. Jede weitere Spritze kann zum Kollaps führen. Die Krise ist näher als viele denken. Sie wird schlimmer werden als die Krise 2008, aber sie wird Fliegl nichts anhaben können.
Helmut Fliegl

INTERAKTIV
Von der IAA 2018: Messestand Fliegl Trailer in der Halle 27
https://www.nfz-messe.com/de/video/iaa-nutzfahrzeuge-live-von-der-iaa-2018-messestand-fliegl-trailer-der-halle-27-fr-21-09-11-00-uhr-1726.html

Foto: ©kabel eins, Fotograf Jens Koch

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