Explodierende LNG-Preise: Berliner Demofahrt der Spediteure

Hunderte Lkw demonstrierten bei der Sternfahrt am Freitag, 12. August, in Berlin gegen die massiven Preissteigerungen bei LNG. Auch Reinert Logistics war unter anderem vor Ort.

Eskortiert von der Polizei demonstrierten Spediteure und Logistiker gegen die hohen LNG-Kosten. (Bild: Reinert Logistics)
Eskortiert von der Polizei demonstrierten Spediteure und Logistiker gegen die hohen LNG-Kosten. (Bild: Reinert Logistics)
Christine Harttmann
(erschienen bei Transport von Nadine Bradl)

Lkw an Lkw reihte sich am Freitag in Berlin. Aus allen Himmelsrichtungen kamen die Fahrzeuge. Der Grund: Zahlreiche Spediteure und Logistiker demonstrierten bei einer sogenannten Sternfahrt gegen die explodierenden Preise bei LNG. Hunderte Fahrzeuge waren dem Aufruf gefolgt, um in der Hauptstadt ein Zeichen zu setzen. Unter ihnen auch Lkw von Reinert Logistics. Das Unternehmen erklärt, wie sich die Situation für sie gerade darstellt.

Gaspreise verzehnfacht

Seit Mitte 2021 steigen die Gaspreise in Deutschland dramatisch und haben sich seitdem an der Gasbörse TTF verzehnfacht, teilt Reinert Logistics mit. Waren es ab Mitte 2021 die leeren Gasspeicher in Verbindung mit dem Pokerspiel um Nordstream 2, sind ab Dezember 2021 der Aufmarsch der russischen Truppen und ab Februar 2022 der Krieg in der Ukraine die Auslöser für diese immensen Anstiege. Neben dem verknappten Angebot durch den Wegfall des russischen Pipelinegases und den mangelnden Alternativen, die generell nur teurer sein können, ist dabei auch Spekulation ein erheblicher Preistreiber, so das Unternehmen.

E- und Wasserstoff-Lkw nicht verfügbar

Die Reinert Logistic engagiert sich nach eigenen Angaben seit Jahren mit einer Vielzahl von Maßnahmen klimafreundlicher und nachhaltiger zu werden und unterstreicht das mit der Initiative "We go green". Investitionen in klimafreundliche Fahrzeuge seien eine dieser Maßnahmen. Bisher gebe es im schweren Lkw-Verkehr wenig Alternativen zum Diesel. Die von der Politik bevorzugten E- und Wasserstoff-Lkw seien bis dato kaum verfügbar und noch nicht wirtschaftlich einsetzbar. Die bis heute einzige brauchbare Alternative seien Gas-Lkw in Form von LNG und CNG. Hier entwickelt sich seit 2018/19 ein Tankstellennetz (mittlerweile 100 in Deutschland) und eine signifikante Zahl von schweren Lkw (aktuell ca. 4000 in Deutschland).

Flotte mit 400 LNG-Fahrzeugen

Die CO2-Einsparungen eines Gas-Lkw bei Nutzung von fossilem LNG lägen bei 15 bis 20 Prozent. Dazu kommt laut Reinert eine 90 prozentige Reduzierung von Feinstaub und Stickoxiden. Mit dem Einsatz von Bio-Gas ab 2023 verbessere sich die CO2-Bilanz auf 100 Prozent. Aus diesen Gründen hat Reinert Logistic ab 2019 in diese LNG-Fahrzeuge investiert und betreibt heute mit 400 Fahrzeugen nach eigenen Angaben die größte Flotte Deutschlands.

LNG: 4.000 Euro mehr pro Monat und Fahrzeug

Förderprogramme der Bundesregierung und ein langjährig stabiler Gaspreis hatten die Investitionsentscheidungen erheblich positiv beeinflusst. Durch den Anstieg der Gas-Börsenpreise habe sich nun der LNG-Preis innerhalb eines Jahres mehr als verdreifacht und liegt im August 2022 bei knapp 4 Euro brutto pro Kilogramm. Damit ist LNG als Kraftstoff mehr als doppelt so teuer wie Diesel, was pro LKW im Monat Mehrkosten von über 4000 EUR bedeute. Diese Mehrkosten auf Kunden umzulegen sei unmöglich. Deshalb bleibe der größte Teil der Mehrkosten bei den Betreibern der LNG-Lkw, zum größten Teil mittelständischen Unternehmen wie Reinert Logistic. Da die Reserven der Unternehmen endlich sind und ein Ende der Gaskrise nicht in Sicht ist, braucht es staatliche Hilfen um diese Krise zu überstehen, so die Firma. Unternehmen wie Uniper bekämen diese Hilfen, für energieintensive Industrien würden Unterstützungsprogramme aufgelegt. Für die Transport- und Logistikunternehmen gebe es - wenn überhaupt - KFW Kredite, die in sechs Jahren zurück gezahlt werden müssen.

Keine Hilfe von der Politik

Mehrere Schreiben an alle Ministerien, darunter zwei direkt an Bundeswirtschaftsminister Habeck, hätten bisher entweder keine Reaktion oder kein Ergebnis gebracht. Bei der aktuellen Gaskrise handle es sich um ein nicht vorhersehbares Ereignis, was die betroffenen Unternehmen nicht zu verantworten haben. Hier von unternehmerischen Risiken oder falschen Investitionsentscheidungen zu sprechen, sei der völlig falsche Ansatz, betont Reinert. Und wenn, dann würde das für alle Unternehmen zutreffen, die von dieser Krise betroffen sind. Politische Entscheidungen in Bezug auf den Verkauf der deutschen Gasspeicher und die Einseitigkeit der Lieferquellen haben im Nachhinein die Situation zusätzlich verschärft.


"Wir fordern Unterstützung in der Form eines rückwirkenden Ausgleichs der LNG-Mehrkosten im Vergleich zum Diesel. Mit dem ab Q2/Q3 2023 verfügbaren Bio LNG, was in Deutschland und Europa aus Abfällen und Reststoffen hergestellt wird, haben die Betreiber der LNG Fahrzeuge und deren Kunden eine hervorragende Perspektive. Nur ist diese Perspektive ohne Unterstützung für die meisten Unternehmen unerreichbar", so Reinert.

Die Demo in Berlin sollte auf die dramatische Situation aufmerksam machen. Sollte es keine Reaktion und konkrete Angebote der Politik geben, sei eine Fortsetzung und Verstärkung geplant.

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