Fahrbericht BMW i7 M70: Der Glaspalast

Das BMW-Werk Dingolfing hat seine Ursprünge in der Übernahme der Firma Glas – die sich einst am großen V8 verhob. Heute ist Dingolfing der Standort, an dem noch größere und stärkere BMW-Modelle entstehen – seit 1973. Wozu sich BMW mit dem i7-Topmodell selbst beschenkt hat.

Redaktion (allg.)
(erschienen bei VISION mobility von Gregor Soller)

Nicht „M“, sondern „DGF“ trugen alle i5 und i7 zur Fahrpräsentation. Dingolfing feiert heuer seinen 50. Geburtstag als BMW-Volumenstandort, an dem alle großen Modelle plus 4er Cabrio und Coupé gebaut werden: 5er, 7er, 8er und iX…

Und zum Geburtstag haute man jetzt den i7 M70 raus – bis zu 660 PS stark und bei Bedarf 1.100 Nm Drehmoment an beide Achsen schickend…das Ganze auf 5,3 Metern Länge auf Wunsch zweifarbig verpackt mit allem erdenklichen Luxus. Unsere Frage: Braucht es das überhaupt und kann man gegenüber den „schwächeren“ Geschwistern überhaupt einen Unterschied erfahren? Und das war für uns die ganz große Überraschung: Man kann! Allerdings vor allem im Sportmodus.

Wenn 2,8 zu 0,8 Tonnen werden...

Dann lassen die E-Maschinen den ab 2.770 Kilogramm schweren Koloss drei Klassen kleiner wirken – wozu auch die extrem präzise Lenkung und das im Sport-Modus gestraffte Fahrwerk beitragen. Gefühlt schrumpft der Riese dann zu dem, was man einst von BMW kannte: Einer drahtigen, kompakten Sportlimousine. Auf 100 km/h geht es notfalls binnen 3,7 Sekunden und trotzdem blieb der Verbrauch bei unserer durchaus freudigen Serpentinenfahrt noch im Rahmen: 25,4 kWh/100 km zeigte das Display am Ende an, womit man mit dem 101,2-kWh-Akku immer echte 400 Kilometer Reichweite hat. Beim gleitenden Genießen eher mehr. Offiziell gibt BMW einen Verbrauch von 20,8 bis 23,8 kWh/100 km an…wir rechnen mal schnell: Der VW ID.3 kam auf unserer Testrunde auf 16,6 kWh/100 km, der i7 M70 dürfte bei rund 27 kWh liegen – ein Mehr von 62,7 Prozent. Legte man das einst bei einem Golf Diesel mit 6,0l/100 km zugrunde, hätte ein BMW 745i „nur“ 9,8 l/100 km brauchen dürfen! Eher unmöglich! E-Mobilität schließt also auch das Fenster zwischen Sparern und Säufern…wobei man das natürlich alles relativ betrachten muss.

Sechsfach erregt: Die Hinterachsmaschine

Vorteil der Bayerischen Motorenwerke: Sie haben den Anspruch an starke UND effiziente E-Maschinen auch bei den Elektromotoren und entwickeln die im Gegensatz zu ganz vielen anderen Herstellern selbst (im Mercedes-Benz EQS baut man hier zum Beispiel Valeo-Maschinen ein, während Lotus ZF nutzt…). Und natürlich haben die Bayern für ihr Topmodell hier nochmal nachgesteuert: Die „M spezifische Auslegung“ der Hinterachsmaschine bietet eine laut BMW eine „bisher unerreichte Leistungsdichte“, denn die Die Antriebseinheit wird sechsphasig betrieben und nutzt einen Doppelinverter. So lässt sich eine signifikant gesteigerte Spitzenleistung erzielen, die bis in hohe Geschwindigkeitsbereich zur Verfügung steht. Mit einer Leistungsdichte von 2,41 kW/kg wird der Wert des Motors, der die Hinterachse des BMW i7 xDrive60 antreibt, um 25,5 Prozent übertroffen. Damit verfügt der neue BMW i7 M70 xDrive über den derzeit leistungsfähigsten Elektromotor von BMW.

Und sonst? Alles wie in en anderen 7ern auch: Massig Platz und einmal mehr würden wir die teuren Wollstoffe dem Leder vorziehen, auch der Komfortsitz im Fond ist bei einem Preisgefüge ab 181.000 Euro brutto dann schon sein Kreuz wert. Vom 5er übernahm man die neue Anordnung der Bedienelemente am Zentraldisplay, das jetzt besser bedienbar ist und auf Wunsch öffnet der 7er einem jetzt per Handy schon automatisch die Tür, wenn man noch auf das Auto zugeht. Womit die Nische für Rolls-Royce immer enger wird.

Nachteile? Hat er auch ein paar: Abgesehen vom immer noch schwierigen Design gepaart mit zu viel Größe und Gewicht (hier baut BMW alles einfach immer üppiger, was langfristig keine Lösung sein kann) nerven auch im M70 die zu lauten Gebläse der hinteren Sitzbelüftungen und auch hier ist der Kofferraum im oberen Teil unter der Hutablage nur grundiert und wirkt an der Stelle extrem lieblos zusammengezimmert. Sieht man in der Regel nicht, doch wenn das Auto sechsfach erregen soll, dann sollte man auch dem siebten kleinen Detail noch Aufmerksamkeit schenken.

Was bedeutet das?

Wenn Geld keine Rolle spielt und man sich ohnehin den i7 überlegt: Gleich den M70 nehmen – er treibt die Bandbreite aus Kraft und Komfort auf eine neue Spitze!

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