Fahrbericht Denza D9: Der Maxi-Minivan

Mit dem D9 bietet Denza in China einen großen Minivan im besten Sinne an – vielleicht kommt er auch nach Europa

Vom Rollfeld direkt ins Hotel: Der Denza D9 kann eine kleine Crew auf einmal transportieren. | Foto: G. Soller
Vom Rollfeld direkt ins Hotel: Der Denza D9 kann eine kleine Crew auf einmal transportieren. | Foto: G. Soller
Redaktion (allg.)
(erschienen bei VISION mobility von Gregor Soller)

Denza kommt nach Europa. Es sei nicht mehr die Frage ob, sondern wie – und mit welchen Modellen. Vielleicht dem (Mini-)Van D9? Mit den Minivans ist es ja so eine Sache: In den 1980ern waren Chrysler Voyager und Renault Espace die großen Stars, da sie weniger mächtig bauten wie VW Bus und Co., aber trotzdem sieben Personen gut unterbrachten. Sie waren die goldene Mitte zwischen Kleinbus und Kombi, doch bald als „Pampersbomber“ oder „Rentnerhochsitze“ verschrien. Beide „Bäh-Zielgruppen“ integrieren heute auf coole Art die SUV, ohne aber die Raumnutzung der Vans zu bieten.

In Asien und Nordamerika gibt es sie weiter, aber gern als über fünf Meter messende Giganten mit ebenso gigantischen Einzelsesseln im Fond bestückt, weshalb wir uns dem Denza D9 eher kritisch nähern. Denn auch er streckt sich auf 5,25 Mter Länge und empfängt uns in Reihe zwei mit großzügigen Sesseln. Die man nur per am Sitz befestigten Tablet elektrisch verstellen kann. Und wenn wir an den Maxus Mifa 9 denken, der trotz großer Länge keinen rechten Platz bietet, sind wir erstmal kritisch. Also stellen wir erst den Fahrersitz ein, dann Reihe zwei und steigen dann in reihe drei durch – und finden fein Platz!

Der D9 sieht kompakter aus als er ist

Endlich mal wieder ein Van, der seinem Uranspruch, dem Transport von sechs oder sieben Personen einfach nachkommt und trotzdem noch ordentlich Kofferraum bietet, wobei er seine Größe ganz geschickt kaschiert: Mit 5.250 x 1.960 x 1.920 mm baut er größer als ein langer VW T7, sieht aber eher nach 4,75 Meter Länge auf 1,75 Meter Höhe aus…aber seinen Job als großer Minivan macht er gut. Zumal Reihe eins und zwei auch Massage und Klimatisierung bieten. Und ganz wichtig: Denza auch passende Kissen dazu liefern kann, die auch Reihe drei zur Couch machen. Im Kofferraum bietet er je nach Sitzstellung 410 bis 570 Liter – das lässt sich auf 2.310 Liter erweitern.

An der Armaturenlandschaft merkt man, dass er eine Generation älter ist als der neue N7, doch auch er hat klug arrangierte Menüs auf dem Zentralscreen liegen und punktet mit einer sauberen, geruchsneutralen Verarbeitung. Auch hier gibt es nirgends die geringste Welle auf den be(teils kunst-)lederten Oberflächen, alle Nähte laufen picobello und nichts wirkt speckig oder billig.

Kurven kann er eher gar nicht

Die 3,11 Meter Radstand sorgen mit der sauberen Federung und Dämpfung für Komfort, aber: Handling ist so gar nicht seins. Mit der indirekten Lenkung hat man das Gefühl, in einer Schüssel Pizzateig zu rühren, die reifen wimmern schon bei niedrigen Kurvengeschwindigkeiten um Gnade und sehr bald schiebt der D9 einfach über die Vorderhufe geradeaus. Im Vergleich dazu fährt sich der 3,5 Tonnen schwere Yangwang U8 wie ein Go-Kart!

Zum eher sedierenden Fahrverhalten passt der Antrieb, dem man seine schiere Leistung nicht anmerkt. Hier kombiniert Denza entweder einen 102 kW leistenden 1,5-Liter-Benziner mit zwei E-Maschinen, die 170 kW vorn und 45 kW hinten aufbieten. Wären stumpf aufaddiert 317 kW oder gigantische 431 PS, die Chinesen geben aber „nur“ 407 PS an, die sich allerdings eher nach 200 minus x anfühlen. In China gibt es drei Plug-ins und zwei Stromer, wobei sich Erstere mit einem 40-kWh-Akku bescheiden, der ich maximal mit 80 kW DC aufladen lässt. AC müssen 6,6 kW genügen und es gibt gar V2L mit bis zu 6 kW. Mit Sprit sollen so auch vierstellige Reichweiten drin sein, zumindest nach Datenblatt.

Grundsätzlich nutzt auch der D9 die Blade-Zellen, die als „Cell-to-pack“ für zusätzliche Stabilität sorgen. Rein elektrisch vermeldet man einen Fronttriebler mit 312-PS und einen Allradler mit 374 PS, dann kann auch mit bis zu 160 kW DC geladen werden. Hier stehen dann 103 kWh Kapazität zur Verfügung, die nach CLTC-Zyklus für bis zu 600 km reichen sollen, aus denen real eher 400 bis 450 werden dürften.

Die Preise starten in China bei rund 330.000 RMB oder umgerechnet rund 42.750 Euro, woraus in Europa aber schnell deren 60.000 werden könnten. Weshalb wir für Europa eine einfachere und gern auch kompaktere Version (vielleicht als D7) bevorzugen würden.

Was bedeutet das?

Im Gegensatz zum N7 merkt man dem D9 sein Alter (er erschien 2022) schon etwas an. Und er baut für den Euroraum fast schon zu groß – könnte perspektivisch aber trotzdem eine interessante Alternative zu Mercedes-Benz EQV und Co ein, vor allem bei Limousinen- und Taxiservices. Insofern darf man gespannt sein, ob Denza den D9 bringt und wenn ja, wie! Zumal Mercedes-Benz an jedem Denza in Deutschland mitverdienen würde...sofern der nicht statt einem EQV geordert wird. 

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