Fahrbericht: Jeep Wrangler 4xe fährt elektrisiert besser!

Um die CO2-Werte runterzubekommen, baut Jeep das Wrangler-Programm um: Der Plug-in 4xe wird künftig das Kernmodell

Unsere erste Ausfahrt im Wrangler 4xe überzeugte. | Foto: Massimo Paolone
Unsere erste Ausfahrt im Wrangler 4xe überzeugte. | Foto: Massimo Paolone
Christine Harttmann
(erschienen bei VISION mobility von Gregor Soller)

Im Gegensatz zu ihrem Produkt tritt die Jeep-Chefkonstrukteurin Maria Grazia Lisbona sehr bescheiden auf, weiß aber durchaus, zu was der Wrangler alles in der Lage ist und sie verspricht, dass der Plug-in-hybridisierte 4xe noch viel besser ist als die Standardverbrenner. Dem Wrangler implantiert Jeep zwei E-Maschinen, die allerdings nicht an der Hinterachse, sondern hinter dem 2,0-Liter-Konzernturbo mit 200 kW (272 PS) vor dem Getriebe sitzen, womit der mechanische Allrad (samt Sperren beim höher liegenden Rubicon) erhalten bleibt. Zu den 200-Benziner-kW kommt also ein 46 kW/ 63 PS starke Drehstrom-Asynchron Elektromotor inklusive eines riemengetriebenen Startergenerators, der dafür sorgt, dass dem Akku nie ganz der Saft ausgeht. Dazu kommt noch eine 107 kW / 145 PS starke E-Maschine, die ins Getriebe der Achtgangautomatik integriert ist. Zusammen ergibt das eine Systemleistung von 280 kW / 380 PS und ein maximales Drehmoment von üppigen 637 Newtonmetern.

Start im Turiner Stadtverkehr - ausgerechnet

Also eingestiegen und am immer noch urwüchsigen Ambiente erfreut: Optional lässt sich Wrangler immer noch strippen wie (fast) kein anderes Modell: Dach auf oder ganz weg, Fenster runter und vielleicht sogar die Türen raus? Ganz so weit treiben wir es nicht bei unserer ersten Fahrt in die Alpen, die allerdings mitten in Turin rein elektrisch startet – mit er „soften“ Variante „Sahara“. So soll der kantige Charakter im E-Mode laut Jeep 44 bis 53 Kilometer weit rein elektrisch kommen, doch schon auf der Autobahn ist „Save“ angesagt, um den Akku für den späteren Offroadparcours mit vorzuladen. Was unnötig Sprit kostet: Am Ende landen wir trotz eher moderaten Tempi bei rund 12,5l/100 km, womit der 4xe mehr zöge als der Standardbenziner, den man unter diesen Bedingungen sogar knapp einstellig (mit 9,5 bis 9,9l/100 km) hätte fahren können. Kurz auf den ungenullten Verbrauch bisher geschielt, der bei 7,8l/100 km lag plus Strom. Klingt schon besser.

Besser fühlt sich auch der Wrangler, als er endlich ins Gelände darf: Autobahn geht, aber ab 100 km/h tost der Wind um den Jeep und man ist anfänglich ständig am Nachlenken wie in alten US-Filmen. Gewöhnt man sich ab mit der Zeit sagen die eingefleischten Wrangleristi und sie haben recht. Irgendwann hat man den Charakterkopf mit seinen Schrullen verinnerlicht. Umso nerviger der ständig warnende Toter-Winkel-Assistent, während der adaptive Tempomat und ESP mit dezenten Bremseingriffen auf die Sicherheit einzahlen.

Abseits befestigter Straßen fühlt er sich am wohlsten

Einzahlen wollen wir ja auch auf die Umweltfreundlichkeit und können jetzt mit (fast) vollem Akku lautlos Höhen von fast 2.000 Meter erklimmen. Heißt im Alltag: Man lädt im Tal auf und klettert dann mit Strom bergan. Wobei sich der Wrangler selbst in „4 Low“, mit einer Untersetzung von 4,0:1 nicht viel um diese Untersetzung kümmert: Wo der Benziner hochdrehzahlig und trotzdem nicht mehr ganz so souverän bergan jammert und ordentlich Hitze produziert, da er erst ab 3000 Touren seine 400 Newtonmeter Kraft hat, kommt man sich im E-Modus vor, als steuere man mit dem Fahrpedal etwas digital ein RC-Modell – obwohl hier nur gut 250 elektrische Newtonmeter anliegen, das aber eben immer und vor allem - sofort! Man klettert sehr zügig bergan und muss seinen Gasfuß bei größeren Verwerfungen wirklich gut im Griff haben. Offroad ist der E-Modus echt eine Bank und schont die Natur, durch die man räubert, auch akustisch. Schade nur, dass das E-Package in Summe fast 400 kg extra wiegt und selbst der „softe Sahara“ mindestens 2.276 Kilogramm wiegt. Der stabilere „Rubicon“ startet bei 2.383 Kilogramm und wer jetzt noch über Winde oder andere „Goodies“ nachdenkt, bewegt dann schnell mal 2,5 Tonnen Wrangler. Zum Vergleich: Sein Urahn von 1941, der Willys MB kam auf eine gute Tonne!

Die Offroadfähigkeiten haben nicht gelitten

Womit wir bei der Kernkompetenz des Wrangler wären, die durch die Verstromung nochmal an Präzision und Kraft gewinnt. Insofern können wir der Hardcore-Fraktion hier Entwarnung geben. Ansonsten bleibt (fast) alles beim Alten, heißt: Hauptwählprügel in der Mitte, daneben der nach wie vor schwergängige Hebel für Allrad und Untersetzung. Der höher gelegte Rubicon mit kleineren Rädern, aber größeren Offroad-Reifen bietet zusätzlich Schalter für die Hinter-und Vorderachssperre und, noch wichtiger, - die an der Vorderachse entkoppelbaren Stabis, um stärker verschränken zu können, um so wirklich fast überall hinzukommen. Was er dank stabilem Unterbau auch tut – zumal Jeep für die Hardcore-Version seines Hardcore-Modells die Streckenführung nochmal geändert hat – steiler, mit tieferen Furten und auf den ersten Blick wirklich kaum überwindbar erscheinenden Steinbrocken mitten im Weg. Klettert der Wrangler einfach drüber. Kurzer Blick auf den Verbrauch: Elektrisch liegen wir hier eher bei 50 bis 70 kWh plus, im Verbrennernmodus zieht sich der 2,0-Liter dann zwischen 35 und 50l/100 km – je nach Steigung und Schwierigkeit des Geländes.  

In diesen Sektionen ist man auch froh, dass die Lenkung nicht auf jedes Steinchen reagiert und trotzdem genug Präzision bietet, die sich je nach Reifenprofil steigern lässt – umgekehrt zur Traktion: Die grobstolligen Mud-Profile halfen uns auch durch schlammigste Untiefen, quietschen aber schon bei dezent angegangenen Haarnadelkurven. Immerhin lässt sich der Akku bei Bergabfahrt dann wieder einigermaßen laden. Und weil wir so viel Spaß hatten, träumen wir schon mal vom dezent angekündigten E-Willys-ME, rein elektrisch, so klein, leicht und nackt wie möglich und mit Monster-Rekuperation! Man darf gespannt sein, was Stellantis auf er Fiat-500-Basis hier hinstellen wird.

Fest steht jedenfalls: Der Elektroboost tut dem Urgestein mehr als gut. Gerade in den ganz schwierigen Offroadsektionen fährt er sich so deutlich besser und kräftiger und bleibt sich trotz allem Modernisierungswahn treu! Womit er ein bisschen auftritt wie seine Chefkonstrukteurin: Bescheiden, aber wohl um sein Können wissend. Was leider seinen Preis hat: Der Sahara startet bei 69.500 Euro brutto (das sind gut 58.403 Euro netto), der Rubicon bei 71.000 Euro (das sind gut 59.663 Euro netto). Womit Jeep Deutschland auch das Wrangler-Programm neu sortiert: Der 4xe wird das Standardmodell. Daneben wird Jeep nur noch den kurzen Rubicon-Benziner anbieten und den (bereits ausverkauften) Pickup Gladiator mit 3,0-Liter-V6-Diesel.  

Was bedeutet das?

Der Plug-in tut dem Wrangler trotz Mehraufwand und -Gewicht sehr gut: Vor allem Offroad reduziert er Lärm und Verbrauch massivst und sorgt für ein besseres Gewissen, ohne seinen kantigen Charakter einzubüßen. Auf der Straße können alle anderen – was auch für Suzuki Jimny, Land Rover Defender und Mercedes G gilt – eigentlich alles besser. Weshalb wir trotzdem umso gespannter auf den kleinen rein elektrischen Baby-Jeep warten – denn so viel steht fest: Auch abseits befestigter Straßen kann Elektro alles besser!

Printer Friendly, PDF & Email