Fahrbericht Range Rover Sport P460e: No Sports please!

Range Rover hat beim aktuellen Sport sein Programm neu geordnet: es gibt drei Diesel, zwei Benziner und zwei Plug-in-Hybride – wir fuhren den „kleinen“ Plug-in P460e AWD. Der das Kürzel „Sport“ nur als Abgrenzung zum „großen“ Range Rover nutzt.

Höflich: Zum Ein- und Aussteigen senkt sich der Range Rover Sport immer ab. | Foto: G. Soller
Höflich: Zum Ein- und Aussteigen senkt sich der Range Rover Sport immer ab. | Foto: G. Soller
Redaktion (allg.)
(erschienen bei VISION mobility von Gregor Soller)

Schon beim Entern des Land- sorry, Fahrersitzes wird klar: Man SITZT nie in einem Range Rover sondern THRONT eher in ihm respektive über (fast) allen anderen. Auch wenn die Luftfederung ihn zum Ein- und Aussteigen demütig absenkt. Es empfängt einen im Range Rover Sport eine Lounge, die mit er Coolness des Exterieurs locker mithält – die geometrische Reduktion Richtung Luxus-Immobilie hat keine Marke so verinnerlicht wie die Briten. Dazu kommen feine Stoffe, Leder (und vereinzelt Kunstleder)-oberflächen und ein vergleichsweise weit unten hängender Zentralscreen mit unendlich vielen Möglichkeiten.

Der Vorteil: All die werden in großen, aber gerade noch nicht uneleganten Icons dargestellt und man findet sich auch als Markenneuling trotzdem sofort zurecht! Wir drücken den Startknopf, der Landlord erhebt sich aus den Luftfedern und legt ab. Rein elektrisch natürlich, immerhin reklamiert Range Rover für den Sport dank großem 31,8-kWh-Akku bis zu 111 km rein elektrische Reichweite. Den Strom-und Spritkonsum gibt man nach WLTP mit 0,8 l + 29,4 kWh/100 km an. Fun Fact: Der stärkere P550e AWD braucht mit 0,8 l + 29,2 kWh/100 km nach WLTP noch weniger. Geladen werden kann AC übrigens nur einphasig mit 7 kW, optional aber auch DC mit bis zu 43 kW.

Leistung und Kraft: Mehr als ausreichend

Zusammen mit dem Ingenium-Reihensechszylinder kommen so 338 kW (460 PS) und bis zu 660 Nm zusammen, die zwischen 2000 und 5000 Umdrehungen bereitstehen. Aber schon die Kraft der E-Maschine reiht für souveränes Vorankommen und wir legen gar keinen Wert auf ein Beispringen des Reihensechszylinders. Und finden, dass die Aristokratie eines Range Rover, auch die eines „Sport“ - der laut dem britischen Marketing übrigens eine ganz andere Kundenschicht ansprechen soll und auch anspricht wie der Range ohne Zusatz – elektrisch am besten zur Geltung kommt.

Die Verbräuche des gut 2,7-Tonnen-Wagens sind dann leider auch etwas jenseitig – real bietet er uns 84 km Reichweite an, was einen Verbrauch von rund 35 kWh/100 km bedeutet. Nun gut, auf unserer gemischten Runde ist dann auch etwas Autobahn dabei, auf der wir den Reihensechser dann noch noch dazu bitten und am Ende schaffen wir auf unserer 32-km-Runde 5,4 l/100 km plus knapp 30 kWh/100 km Stromverbrauch – wobei wir da auch einen kurzen Autobahnsprint (für Deutschland: bis zu 225 km/h sind drin) dabeihatten. So oder so: Kraft, Leistung und Souveränität sind immer mehr als genug vorhanden, man wundert sich, wie der 550er hier nochmal merklich draufpacken will.

Offroadkompetenz? Logisch – und zwar viel davon!

Gut, sparsam wäre was Anderes, zumal der Range Rover Sport auch nicht mit markentypischen Qualitäten geizt: Es gibt Offroadprogramme und natürlich kann man die ganze Fuhre auch dramatisch liften! Dann gibt es 900 Millimeter Wattiefe, vorn 33 Grad und hinten 29,8 Grad Rampenwinkel und dazu 24,4 Grad Rampenwinkel. Wem das nicht so viel sagt: All diese Werte sind hoch! Vor allem für ein Luxus-SUV. Dazu kommen 647 bis 1.827 Liter Kofferraumvolumen und drei Tonnen gebremste Anhängelast – auch das sind alles starke Werte für einen Plug-in-Geländewagen.

Über 2,7 Tonnen Leergewicht - die will der Range auch gar nicht verhehlen

Alles super also? Nicht ganz, das das Aasen mit Kraft und Kompetenz abseits befestigter Wege natürlich auch seine Kehrseite hat: Ab 2.735 Kilogramm Leergewicht sind nicht nur viel, sondern viel zu viel (65 kg mehr und wir haben dass, was ein ausgeladener VW Bulli maximal wiegen darf!) und der Range Rover macht auch als Sport im Sport-Modus überhaupt keinen Hehl aus dieser Masse. Dynamisch wäre also anders. Und klar, Verbrauch und Kosten muss man sich dann auch leisten können und wollen. Denn der P460e startet in weiß ab 104.000 Euro brutto, die Range Rover, weil fast alles Sport als Dienst- oder Flottenwagen zugelassen werden auch in netto umrechnet: 87.394,96 Euro stehen da dann in der Preisliste – übrigens noch VOR dem Bruttopreis (den hier praktisch niemand zahlen dürfte). Und wie bei den meisten Premiums üblich, kann man schnell noch mal einen fünfstelligen Nettobetrag dazu packen, schöpft man denn die Individualisierungsmöglichkeiten aus.

Am Ende bleibt festzustellen, dass sich der Range Rover Sport treu blieb: Im Gegensatz zu fahraktiveren Konkurrenten punktet er mit unbedingter Coolness und Gelassenheit, die er auch abseits befestigter Straßen nicht ablegt. Dass er dabei schwer und durstig ist, hat dieser fahrende Landsitz, der er eigentlich schon immer war, noch nie zu verhehlen versucht. Weshalb es hilft, wenn das Bankkonto ebenso „entspannt“ ist, wie der ganze Wagen. Wandern? Gern auch auf abseitigsten Pfaden. Sport? No please!

Was bedeutet das?

Der Range Rover Sport kann verdammt viel auch offroad und entspannt seine Passagiere sofort. Weshalb man sich vom „Sport“ nicht in die Irre führen lassen sollte. Denn er ist eher gar nicht sportlich, denn seine Coolness kostet neben Kohle auch ein bisschen Agilität und Leichtigkeit. Trotzdem genügt auch schon der 4,95 Meter „kurze“ Sport, um über den Dingen zu thronen.

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