Fahrzeugentwicklung: Immer breiter, immer schwerer

Unsere Autos sind sicherer, aber auch breiter und schwerer denn je – auch dank des Euro-NCAP-Crashtests – doch mittlerweile könnte der übers Ziel hinausschießen…

Mit dem Skoda Enyaq in Prag - er passt bei manchen Gebäuden kaum noch durch die Einfahrten...| Foto: J. Reichel
Mit dem Skoda Enyaq in Prag - er passt bei manchen Gebäuden kaum noch durch die Einfahrten...| Foto: J. Reichel
Christine Harttmann
(erschienen bei VISION mobility von Gregor Soller)

Es wird eng in den Innenstädten – denn unsere Autos werden immer breiter. Ein Grund dafür ist neben tatsächlich größer werdenden Menschen auch der Seitenaufprall-Crashtest, der mittlerweile auch das seitliche Auftreffen auf eine Laterne mitberücksichtigt – ein Worst-Case-Szenario, in dem das Auto auf einen maximal schmalen harten Gegenstand rutscht, welcher die Karosseriestruktur maximal belastet. Im Idealfall geht dann auch der Seitenairbag rechtzeitig auf – doch all das braucht Platz! Und je mehr ich davon in der Breite schaffen kann, desto besser und sicherer. Weshalb wir uns im Pkw-Bereich zügig der Zwei-Meter-Marke nähern, was einen Zuwachs von 30 bis 50 Zentimetern gegenüber Modellen vor 50 Jahren bedeutet.

600 PS - und doch nur Schrittempo

Das verdoppelt macht 60 bis 100 Zentimeter, was jetzt auf vielen innerstädtischen Nebenstraßen dazu führt, dass die Autos nur noch knapp oder gar nicht mehr aneinander vorbeipassen! Zumal wenn es noch zwei Parkstreifen gibt – denn dann fehlen auf einer solchen Straße eben 1,2 bis 2,0 Meter Breite – enorm!!! Und man fängt an, im 300 bis 600-PS-SUV ganz vorsichtig in Schrittgeschwindigkeit aneinander vorbeizukriechen, wo unsere Eltern noch „fuhren“. Weshalb das Rad in der Stadt die viel schlankere und immer schnellere Alternative ist.

Dazu kommt, das auch die Pkw-Hersteller immer mehr Unfälle auswerten. Und nachdem Renault feststellte, dass im Jahr der Einführung des Pfahl-Tests kein einziger Zoe in einen solchen Unfall verwickelt war, strich man kurzerhand man den Seitenairbag (um Geld zu sparen), was den Stromer in Ungnade fallen und durch den Euro-NCAP-Test fallen ließ.

Fahr- und Motorräder haben nach wie vor gar keine Crashsicherheit

Verstehen Sie mich nicht falsch, Sicherheit muss sein – aber wenn diese zu überbreiten Panzern für alle führt, wird es schwierig – denn Fahrräder, E-Bikes, Pedelecs und Motorräder haben nach wie vor – genau! – GAR keine Knautschzonen. Zumal Unfälle immer durch menschliche Unvorsicht entstehen – und passieren können, wenn ich mit einem vielfachen meines eigenen Gewichtes und der für den Körper ausgelegten Geschwindigkeit unterwegs bin. Und wenn die Sicherheit dann soweit geht, dass jeder irgendwann theoretisch in einem voll gepolsterten 5-Tonnen-Schützenpnzer oder superteuren Carbon-Monocoque sitzen muss, dann läuft hier irgendwas grundsätzlich falsch…

Was bedeutet das?

Vielleicht wäre es hilfreicher , die Geschwindigkeit und damit auch unsere eigene Zerbrechlichkeit wieder stärker zu spüren als überteure Elektropanzer in zwei Sekunden auf 100 km/h zu schießen – ohne von den ungeheuren Kräften im Ansatz noch etwas mitzubekommen.

Zumal wir in der Stadt auf dem Rad mittlerweile so oft so viel schneller sind…

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