Fiat 600e: E(eee)ndlich ein elektrischer Punto-Ersatz
Eigentlich hätte es ein Auto ähnlich wie dieses schon 2013 geben sollen: Fiat wollten den Punto einst durch einen viertürigen 500 ersetzen – was dem damaligen Konzernlenker Marcionne einst als zu riskant erschien. Dann war die Plattform zu alt – sodass Fiat erst jetzt wieder im Kern des B-Segments startet – mit dem 600e
Ja, er hat definitiv Charme und nein – wir hätten ihn nicht im Punto-irgendwas-Style gemacht, sondern (fast) genau so! Die Rede ist vom neuen Fiat 600, der in Deutschland nur als Stromer 600e starten wird – auf Stellantis-E-CMP-Plattform, die 115 kW (156 PS) mobilisiert, genug, um im Sport-Modus binnen neun Sekunden auf 100 km/h zu sein.
Unterflur liegt ein 54-kWh-Akku, der laut Fiat nach WLTP für „mehr“ als 400 km Reichweite gut sein soll, wer real mit rund 300 rechnet, dürfte realistischer liegen – in der Stadt soll der 600 nach WLTP gar seiner Zahl gerecht werden und rund 600 km schaffen. Am Schnelllader kann man mit bis zu 100 kW laden, dann ist der Hub von 20 auf 80 Prozent im Idealfall in einer knappen halben Stunde erledigt, AC klappt leider nur mit 11 kW.
Der 600e steht genau zwischen Punto, 500 L und 500 X
Mit 4,17x1,78x1,52 Meter baut er etwas voluminöser als einst der Punto, aber kompakter als der 500 X, den er explizit nicht ersetzt. Trotzdem soll er ein neben Punto- auch ein bisschen 500 L -und 500 X-Fahrer überzeugen, weshalb ihn Fiat genau zwischen all diese Modelle gestellt hat. Im Kofferraum finden bis zu 385 Liter Volumen Platz, in den großzügigen Ablagen erhöht der 600 e das Gesamtvolumen auf exakt 400 Liter. Und wie im Jeep Avenger, mit dem er sich viel mehr als die magnetische Abdeckung für die Mittelkonsole teilt, finden auch hier vier groß gewachsene 1,9-Meter-Passagiere Platz, sofern sie sich ein bisschen arrangieren. Auch hier ähnelt der 600e dem Jeep. Gebaut wird der 600 e wie dieser im polnischen Tichy
Den er als „Red“ ab 36.490 Euro (knapp 30.664 Euro netto) vor Abzug der Förderung um gut 500 Euro unterbietet. Als „La Prima“, der sich vor allem vorn wertiger anfühlt, wären dann 42.490 Euro (knapp 35.706 Euro netto) fällig, womit er ziemlich genau neben dem merklich größeren, innen ngar nicht so viel unlustigeren BYD Atto3 steht und auch gegen VW ID.3, MG4, Renault Mégane und all seine Stellantis-Geschwister antritt.
Der 600 setzt wie der 500 auf die Retro-Karte – hier aber entschärft und nicht ganz so rund
Bringt er dafür genug „Dolce Vita“ mit? Wir meinen, ja: Innen orientiert er sich optisch schwer am 500e, was eine gewisse Grundwertigkeit mit sich bringt. Im „La Prima“ lassen sich die Sitze elektrisch einstellen und bieten Massage, das gesteppte Kunstleder wirkt hochwertig. Und die Bedienung des 10,25-Zoll-Zentralscreen klappt flüssig. So findet man schnell eine gute Sitzposition und greift an ein feines unten abgeflachtes Lenkrad. Im Fond muss man dann mit Hartplastik-Türverkleidungen Vorlieb nehmen und das dritte Fake-Seitengfenster gefällt uns ebenso wenig wie das etwas scheppernde Geräusch der Türen beim Schließen.
Dafür ist der Kofferraum sauber verkleidet und die Motorhaube innen komplett lackiert – ein Thema, wo heute gern gespart wird. Aufgerüstet hat Fiat auch bei Infotainment und Sicherheit: Der 600e kann Level 2 teilautonom fahren: Dafür bremst oder beschleunigt die adaptive Geschwindigkeitsregelung (ACC) in Abhängigkeit von den Fahrzeugen; der intelligente Geschwindigkeitsassistent soll die meisten Geschwindigkeitsbegrenzungen erkennen. Dazu kommt ein Toter-Winkel-Warner. Dazu packt Fiat die Stop&Go-Funktion, die autonome Notbremsung inklusive Erkennung von Radfahrern und Fußgängern sowie die Müdigkeitserkennung. Schließlich helfen die 360°-Sensoren und die 180°-Rückfahrkamera mit dynamischen Gitternetzlinien dabei, Hindernisse beim Einparken oder bei komplexen Manövern zu vermeiden.
Ab 5.7.2023 kann bestellt werden
Das Soundsystem kommt mit sechs Speakern, dazu kommt eine Ladeschale vorn und beim La Prima ein USB-Port für hinten, womit der 600e hier etwas spart. Basis für die digitalen Dienste sind Uconnect-und die Navigation stützt sich auf TomTom. Wie all das im Alltag funktioniert, gilt es im Herbst zu erfahren. Die Bestellbücher werden ab 5.7.2023 geöffnet – und damit zehn Jahre später als einst geplant – doch dafür strömt der 600e jetzt leise zu den Kunden, während sich der viertürige 500 noch per Verbrenner durch die Gegend getrommelt wäre.
Was bedeutet das?
Fiat baut sich selbst langsam wieder auf: Nach dem 500 e folgt jetzt der größere 600 e, der mitten ins B-Segment zielt und dort anknüpft, wo man mit dem Punto einst abreißen ließ. Insofern dürfte der 600 e seinen Weg zurück ins B-Segment finden, denn er punktet mit netten Details, einer Portion Dolce Vita und einigermaßen vernünftigen Preisen. Doch da Fiat sich die in Süd- und Osteuropa nicht so ganz traut, wird der 600 dort auch noch ohne „e“ als Hybrid kommen – deutlich günstiger. Für den Stromer sind die Hauptmärkte gesetzt: Italien, Italien liebendes Deutschland, Frankreich und Großbritannien und natürlich erhofft man sich auch in den Nordics ein bisschen mehr Dolce Vita. Könnte klappen!