IAA Mobility 2023: WNEVC-Kongress – tschüss Europa!

Auch wenn es so nicht explizit gesagt wurde: Aber auf dem chinesischen WNEVC-Gipfel, der erstmals außerhalb Chinas stattfand war schon nach wenigen Reden klar: Die Musik der Mobilität spielt künftig nicht mehr in Europa – und China wird den Takt vorgeben.

VDA-Präsidentin Müller zeigt die Wachstumskurven der E-Mobilität: Die fallen in China (links) steiler und volumenstärker aus als in Europa. | Foto: G. Soller
VDA-Präsidentin Müller zeigt die Wachstumskurven der E-Mobilität: Die fallen in China (links) steiler und volumenstärker aus als in Europa. | Foto: G. Soller
Redaktion (allg.)
(erschienen bei VISION mobility von Gregor Soller)

Sie kamen alle: Die CEOs aller führenden deutschen und chinesischen Pkw-Hersteller: Neben BMW-CEO Zipse, VW-CEO Blume und Benz-Boss Källenius eben auch Chen Hong, CEO von VW- und GM-Partner SAIC, in Europa hochaktiv mit MG Motors oder Wang Chuanfu, der CEO von BYD – die Marke, die in China gerade VW überholt hat und auf den Absatzthron bei den new Energy Vehicles strebt. Außerdem Wang Yun, CEO von Changàn, William Lee, CEO von Nio und Zhu JIangming, CEO und Gründer von Leap Motor.

Europa ist für VW keine Wachstumsregion mehr

Nach einer freundlichen Einführung von Wan Gang, dem Präsidenten des WNEVC und Hildegard Müller, der Präsidentin des VDA, die nicht müde wurde, die Wichtigkeit der Kooperation zwischen Deutschland und China zu betonen, erhielt Oliver Blume das Wort, der unter anfangs auffällig vielen "ähs" dann immer klarer feststellte: Wachstumsmärkte seien für ihn Nordamerika (2022 mit 800.000 Einheiten eher mäßig erfolgreich) und China mit 2,3 Millionen Einheiten  - wie in Europa. Aber: Europa wurde nicht mehr genannt, sondern der Ausbau der chinesischen Fertigung mit China für China.

Der Einheitsakku soll 50% billiger werden

Das betrifft auch die Software und die Akkus: Mit dem neuen „Einheitsakku“ will man 80% aller Modelle ausstatten und außerdem soll der 50% billiger sein. Die Softwaretochter Cariad wird von 800 auf 1.200 Mitarbeiter aufgestockt, von denen mindestens 90% aus China für China in China arbeiten.

Dazu kommen neue Kooperationen, unter anderem mit Xpeng: Mit dem Start-up will man bis 2026 Stromer im Mittelklassesegment entwickeln, die man den MEB-Modellen beistellt. Letztere laufen in China eher schwach…und nachdem auch Audi eine „Infusion“ braucht, hat man hier die Bande mit FAW und SAIC enger gebunden.

Denn man will weiter unter den Top-3 in China bleiben, nachdem man mal Nummer eins war, diese Position aber an BYD abgeben musste. Sodass man jetzt Nummer eins unter den internationalen Marken ist…trotzdem werden die chinesischen Marken auf ihrem Heimatmarkt stärker, weshalb Blume das Tempo nochmal erhöhen möchte:

„China ist unser Fitnesscenter.“

Und um mit dem dortigen Tempo und Wandel mitzuhalten, müsse man noch „härter und schneller“ arbeiten…

Wobei man jetzt nicht unbedingt den Eindruck hatte, dass der VW-Konzern zuletzt auf der faulen Haut gelegen hätte. Trotzdem kommt ganz klar durch: Europa ist..."am Arsch"! Auch wenn sich das niemand so zu sagen traut. Das Taktstöckchen hat schon längst China in der Hand.

Was auch klar ist: Kapitalismus zu Ende gedacht bedeutet: Wer den stärksten Markt hat, hat den stärksten Absatz und damit den stärksten Umsatz. Und dominiert...

Was bedeutet das?

Es ist ein bisschen wie im alten Rom, wo man am Schluss im Liegen aß und lieber den Gelagen frönte als dem Straßenbau. Die deutsche Autoindustrie strebte jahrelang weltweit nach oben und profitierte vor allem im lukrativen Premiumsegment vom Wachstum, das jetzt definitiv vorbei ist. Was sich mit den Aussagen des CEO eines Zulieferers deckte, der den „Peak Auto“ bereits längst hinter uns sieht. Daran wird auch China nichts ändern, wo sich der Markt ebenfalls langsam aber sicher sättigt. Und die Kuchenstücke für die internationalen Unternehmen kleiner werden. Der Unterschied: Die kämpfen in Europa, ganz Amerika schon lange um die Größe ihrer Kuchenstückchen. In China werden sie eher kleiner, doch MG und Co. haben ihrerseits noch viel Potenzial: In Europa, Afrika und Südamerika haben sie gerade erst am Kuchentisch Platz genommen!

 

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