Interview mit Thilo Schmidt, Geschäftsführer Dacia Deutschland: "Alle wollen es. Wir haben es!"
Zwischen den Duster und den komplett neu konzipierten Bigster schob Dacia "schnell", mal eher unerwartet, einen gründlich überarbeiteten Spring – mitten in der „Elektroautokrise“. Die Schmidt nicht anficht. Sofort beginnt er mit gewohnt kräftiger Stimme und typisch rheinischem Optimismus das Gespräch.
Der neue Spring war so von vielen gar nicht erwartet worden. Ebenso wenig wie die Einstellung der E-Auto-Förderung der deutschen Bundesregierung.
Schmidt: Diese Entscheidung wurde von der Bundesregierung ohne Vorankündigung getroffen und hatte eine starke Signalwirkung.
Inwiefern?
Schmidt: Die Kunden, vor allem die Privatkäufer sind völlig verunsichert. Mittlerweile existiert kaum noch eine natürliche Kundennachfrage nach Elektromobilität. Mit der Ad-hoc Einstellung von bereits zugesagten Förderungen hat die Politik die Elektromobilität ins Abseits gestellt und damit jegliche Kaufdynamik im Kern erstickt und auch den Autohandel mit seinen Beständen alleine gelassen.
War das wirklich so dramatisch?
Schmidt: Ja, um in der Sprache der Elektromobilität zu bleiben war das grade so, als ob jemand einfach den Stecker gezogen hätte! Denn gerade den Dacia Spring kaufen viele auch wegen dem Preis, weil sie eben preissensibel sind. Wir haben aber im Sinne unserer Kund:innen und des Handels schnell reagiert, indem wir für alle Kund:innen die zugesagten Förderungen des Staates abgesichert haben und eine starke Abverkaufsaktion entscheiden haben.
Mit einem Elektrobonus in Höhe von 10.000 Euro, weil Sie wussten, dass der Spring ohnehin bald umfassend geliftet würde…
Schmidt (lacht): Genau! Wir haben das schnell entschieden, um unseren Handelspartnern für ihre Bestände Planungssicherheit zu geben Der Preis ab 12.750 Euro war dann unschlagbar und die Nachfrage zog wieder schlagartig an. Diese Aktion hat es uns ermöglicht bis Ende März alle Neuwagenbestände des auslaufenden Modells abzuverkaufen.
Hand aufs Herz – verdiente Dacia mit diesem Preis überhaupt noch Geld?
Schmidt: Ich denke es liegt auf der Hand, dass mit diesem Angebot keinen nennenswerten Ertrag erwirtschaftet werden kann. Da es um eine begrenzte Stückzahl Fahrzeuge ging, lag die Priorität darin unser Handelsnetz maximal zu unterstützen und Kunden attraktiv zu bleiben, um sich dann ab April zu 100 Prozent auf die Vermarktung des neuen Spring zu konzentrieren Mit einem Einstiegspreis von 16.900 Euro haben wir das Angebot, über das seit einiger Zeit alle reden und das keiner anbieten kann: Einen kompakten Stromer im A-Segment mit ausreichend Platz für vier Personen für unter 20.000 Euro, denn selbst unsere Topversion des neuen Spring bleibt unter diesem Betrag. Alle wollen es. Wir haben es!
Wie kam es überhaupt zu dem großen Facelift? War das durch die neuen Regelungen zur Fahrassistenz getrieben oder eher durch die Neuausrichtung der Modellpalette?
Schmidt: Den neuen Spring jetzt einzuführen war schon länger geplant und ist ein Resultat vom Markterfolg des Modells. Dies war eine strategische Entscheidung im Rahmen der Präsentation der neuen Markenidentität. Vor knapp zwei Jahren haben alle Fahrzeuge das neue Markenlogo erhalten und im Rahmen der schnelleren Entwicklung der Elektromobilität, ist es wichtig unsere Wettbewerbsfähigkeit mit dem neuen Modell des Spring weiter zu stärken. Natürlich ist dieses Fahrzeug dann auch mit allen relevanten Assistenzsystemen der heutigen Zeit ausgestattet und besticht durch ein modernes Design und ein State-of-the-Art-Infotainment. In Summe noch attraktiver, komfortabler und digitaler. Das Timing war zudem wichtig, da wir aktuell auch den komplett neuen Duster einführen, das erste Fahrzeug, das nun zu 100 Prozent die Gene der neuen Markenidentität verkörpert. In diesem Zuge ist es wichtig, dass der neue Spring optisch und technisch auch an dieses Niveau anknüpft.
Wird es neben dem Spring perspektivisch noch einen weiteren Stromer geben oder rudert Dacia da jetzt zurück?
Schmidt: Um bis 2035 unseren CO2-Ausstoß im Fahrbetrieb weiter senken zu wollen, sind elektrifizierte und elektrische Antriebe nach heutigem Stand notwendig. Aber: Wir werden nur dann weitere batterieelektrische Fahrzeuge haben, wenn es Sinn ergibt.
Sinn heißt Marge oder Stückzahl?
Schmidt: Immer beides! Die Wirtschaftlichkeit muss immer im Vordergrund stehen, um den Markenkern des besten Preis-Leistungsverhältnis von Dacia auch fortführen zu können. Und die bedingt bei Dacia immer eine gewisse Stückzahl.
Sie sind ja bekannt dafür, Zahlen zu lieben und in Bezug zu setzen. Hätten Sie da auch eine?
Schmidt (lacht): Aber sicher! Wir waren zum Beispiel 2023 die einzige Marke in Deutschland, die jedes Modell mindestens 12.000-mal verkauft hat. Wenn wir etwas tun, ist es relevant und das wird auch für unsere künftigen Modelle gelten, die allesamt starke Säulen in unserer Markenstrategie darstellen Wir haben nach wie vor eine enorm hohe Eroberungsquote und zudem die loyalsten Kunden aller Marken.
Wie hoch liegt da der Privatanteil?
Schmidt: Je nach Modell zwischen 70 bis 80 Prozent Der Marktschnitt liegt lediglich bei 30 Prozent. Der Markt in Deutschland wird auch immer taktischer. Das zeigt, dass der Wettbewerb sein Volumen nicht mehr auf natürliche Weise platziert bekommt. Bei uns ist die natürliche Nachfrage weiterhin sehr hoch.
Das hieße im Umkehrschluss, dass Dacia nur wenige und kleine Flotten bedient?
Schmidt: Tatsächlich entwickeln wir uns auch bei den gewerblichen Zulassungen gut Das ist auch ein Bereich ist, in dem wir weiterwachsen wollen und durchaus Potential sehen. Gerade im C-Segment, das wir künftig mit dem von Grund auf neuen Dacia Bigster noch stärker bedienen wollen. Da sehe ich noch großes Eroberungspotenzial!
Was bedeutet das?
Dacia bleibt dran - auch beim Spring, den laut Dacia tatsächlich rund 75% der Kunden an der heimischen Steckdose laden. Womit sich die Frage nach größerem Akku und mehr Reichweite für Dacia erübrigt...