Die Geschicke des Autohofs liegen in der Hand von Ruth Strohofer und ihrer Familie. Am Abend der Award-Feier in der Motorworld München letzten Oktober lud mich Ruth Strohofer ein, mir selbst ein Bild vom Autohof zu machen. Im April bin ich ihrer Einladung gefolgt. Für viele ist der Autohof Kult – ich will herausfinden, warum das so ist.
Wenn man von München aus kommend, in Nürnberg von der A9 auf die A3 Richtung Norden wechselt, verengt sich hinter Erlangen die Autobahn. Nach einer halben Stunde nehme ich erleichtert die Ausfahrt Geiselwind. Mein Ziel ist nicht der Freizeitpark, der rechter Hand liegt, sondern der Autohof Strohofer. Ein paar Kurven später fährt man an die Total-Tankstelle. Dahinter gibt es einige Pkw-Stellplätze, aber relativ wenige. Dass der Autohof Strohofer einer der größten Autohöfe in Deutschland ist, sieht man ihm auf den ersten Blick nicht an, weil sich das Gelände weiter nach Westen hin erstreckt und sich weitere Pkw- und Lkw-Stellplätze hinter der hügeligen Landschaft „verstecken“. Der erste Eindruck: Hier geht es beschaulich zu, das ist kein riesiger, anonymer Autohof. Die Gebäude wirken eher heimelig und der Metzger wirkt wie der Metzger um die Ecke zuhause. Wie ich später erfahren werde, kostet die Leberkäs-Semmel 1,80 Euro und der Leberkäs und weitere fränkische Spezialitäten wie der weiße und rote Pressack stammen aus der hauseigenen Schlachtung. Ein Autohof mit eigener Schlachtung. Das ist schon einmal ungewöhnlich!
Von drei Hektar auf 50
Wer vor Lily’s Bistro, Tony’s Restaurant und der Total-Tankstelle steht, befindet sich auf dem ursprünglichen Areal des Autohofes – dort, wo 1981 alles angefangen hat. Der ursprüngliche Autohof war damals auf einer Fläche von 30.000 Quadratmeter angesiedelt, heute umfasst er eine Fläche von 50 Hektar. Ruth Strohofer, die Geschäftsführerin und Tochter des Gründers Anton Strohofer, begrüßt mich in ihrem Büro im ersten Stock des Gebäudes, in dem sich unten der Verkaufsraum der Tankstelle befindet. Hinter ihrem Schreibtisch steht ein Porträt ihres Vaters, der 2018 verstorben ist. Die Einrichtung des Zimmers mit schweren Möbeln aus dunklem Holz wirkt so, als hätte sich seit den 80er Jahren nicht viel verändert. Ruth Strohofer wirkt sympathisch unaufgeregt und hat viel zu erzählen. Anhand eines Faltplans des Geländes erläutert sie, wie der Autohof seit seiner Eröffnung vor allem in den 90er Jahren erweitert wurde und wie es dazu kam, dass sie in die Fußstapfen ihres Vaters trat.
Vom landwirtschaftlichen Betrieb zum Kultautohof
Als der „Autohof Guide“ und die Redaktion der „Unterwegs auf der Autobahn“ zur Leserwahl 2021 aufrief, wurde der Autohof Strohofer zum beliebtesten Autohof gewählt. Während der Feier letzten Oktober in der Motorworld München füllte sich der Tisch, an dem Ruth Strohofer mit ihrem Mann Manfred und Sohn Moritz saß, nach und nach mit den vielen Einzelawards, die in feierlichem Rahmen verliehen wurden. Wie erklärt sich die Chefin die große Beliebtheit? „Uns kennen einfach viele – es gibt uns jetzt seit 40 Jahren und viele Stammgäste machen hier Station auf ihrer Reise aus Norddeutschland oder aus Holland nach Österreich und weiter in den Süden. Bei uns stimmt der Preis und die Leistung und wir haben alle Kraftstoffsorten im Angebot.“ Sie ergänzt: „Als familiengeführter Betrieb sind wir auch immer als Ansprechpartner für unsere Gäste da. Und wo sonst gibt es eine Metzgerei am Autohof mit selbstgemachtem Leberkäs aus eigener Schlachtung!“ Die Leberkässemmel darf ich im Übrigen nach dem Interview probieren und kann bestätigen, dass sich ein Abstecher hierher lohnt, wenn man hier in der Gegend wohnt, oder auf der Durchreise ist.
Das Schlachten der Schweine ist noch ein Relikt von früher, denn ursprünglich gehörte dem Vater ein landwirtschaftlicher Betrieb. Bis 1985 gehörten noch Schweine zum Bauernhof. Heute werden die Schweine, die von Bauern aus der Region stammen, zu hausgemachten „Schweinereien“ verarbeitet und verkauft. Dass aus der Landwirtschaft schließlich ein Autohof wurde, liegt an der A3, die seit den 60er Jahren gebaut wurde und mitten durch den Betrieb führte. Dort, wo sich heute die Autobahn hindurchschlängelt, stand ursprünglich eine Ziegelei und die Gegend war geprägt von Obstplantagen, Wiesen und Äcker. Heute befindet sich der Bauernhof auf der anderen Seite der A3 und die Familie wohnt dort noch – allerdings ohne Tiere.
Pause machen, Klettern, Beten, Campen und Grooven
Aber es ist nicht der Leberkäse, der den Autohof zu einem besonderen macht. Es ist die Vielfalt des Angebots, das Engagement der Familie Strohofer, die den Autohof vor allem zu einem Ort machen, den Trucker gerne anfahren. Denn dort können sie nicht nur parken, sondern in einem Hotel übernachten, das Frühstück, Swimmingpool und Fitnessraum bietet, während eines Festivals mit dem Wohnmobil campen und Country-Musik hören, mit der Familie das Pfingstwochenende dort verbringen und ihre Geschicklichkeit im Klettergarten testen. Es gibt ein Eventzentrum und eine Music Hall – die allerdings pandemiebedingt eine lange Durststrecke durchlebten –, eine Campingfläche, einen Sportplatz und einen Hochseilgarten. 2018 wurde eine Mariengrotte angelegt.
Seit 1994 wurde das Gebiet sukzessive um Pkw- und Lkw-Stellflächen erweitert – im Gegenzug wurden in der Gemeinde Ausgleichsflächen angelegt wie Biotope und Mähweiden. Es gibt eine größere Lkw Werkstatt – den Truckport von Mercedes-Benz sowie eine Truck-Waschanlage. Wenn es um Innovationen ging und darum, etwas Neues auszuprobieren, war die Familie immer ein gesuchter Gesprächspartner – zu Beginn war man Shell-Partner, 2013 wurde umgeflaggt und der Autohof beherbergt heute eine Total-Tankstelle sowie eine Automaten-Tankstelle von AS24.
Ruth Strohofers Weg an die Spitze
Ruth Strohofer ist diejenige, die die Fäden in der Hand hält – eine Powerfrau, die die Nähe zu den Gästen sucht. Sie geht gerne durch den Shop oder durchs Restaurant und begrüßt die Stammkunden. Schon als Schülerin hilft sie aus. Nach einer Lehre zur Bürokauffrau studiert sie BWL und arbeitet danach unter anderem im Büromanagement. Seit 1998 ist sie Geschäftsführerin, 2008 wird sie neben ihrem Vater die zweite Gesellschafterin. Zuvor lag der Betrieb in Männerhand – ihr Bruder und Schwager führten zusammen mit dem Vater die Geschäfte. Doch nach deren Ausstieg war es eigentlich klar, wer in die Fußstapfen des Vaters treten würde. Die 55-Jährige arbeitete schon immer eng zusammen mit den Eltern; neben ihrem Engagement hatte sie den Überblick über alle Bereiche des Unternehmens wie Verwaltung, Finanzen, Personalentwicklung und das operative Geschäft. „Auch bei Vertragsverhandlungen war ich schon immer mit dabei, so bin ich in diese Position quasi reingewachsen“, erzählt sie. „Ich hatte die Zeit, mich voll reinzuhängen“ – und das tut sie. Ihre Prioriät: das Unternehmen als Familienbetrieb weiterzuführen und aus der jetzigen Krise – ausgelöst durch die Corona-Pandemie – herauszuführen. Die dritte Generation der Strohofers steht nicht nur erst in den Startlöchern, sondern ist schon mittendrin und übernimmt Verantwortung. Sohn Moritz und Nichte Anna Isabell sind beide seit 2020 Mit-Geschäftsführer. Die Tochter ihrer Schwester Manuela ist für den gesamten Gastro-Bereich zuständig, während Moritz im Eventbereich unter anderem für die Organisation der DJ-Partys verantwortlich ist. Neben Country-Musik, das auf dem Truckerfestival nicht fehlen darf, sorgen die DJs für Techno- und HipHop-Sounds unweit der A3.
Was der Autohof im Bereich Event, Festivals und Freizeitvergnügen auf die Beine stellt, sowie welche Innovationen und Neuerungen im Laufe der Jahrzehnte auf dem Autohof Einzug gehalten haben – darüber lesen Sie mehr in der kommenden Ausgabe von „Unterwegs auf der Autobahn“, die im September erscheint.