Mercedes-Benz: Die C-Klasse wird digitaler und effizienter

Der Hersteller elektrifiziert seine neue C-Klasse durchgängig mit Mildhybriden. Er setzt dabei auf  48-Volt-Technik, integrierte Starter-Generatoren sowie Plug-in-Technik. Antriebstechnisch  sind das keine Highlights, dafür wird weiter digitalisiert.

 

Limousine und Kombi der neuen C-Klasse kommen zeitgleich. | Foto: Mercedes-Benz
Limousine und Kombi der neuen C-Klasse kommen zeitgleich. | Foto: Mercedes-Benz
Christine Harttmann
(erschienen bei VISION mobility von Gregor Soller)

Als reiner Stromer wird auch die neue C-Klasse nicht (mehr) kommen. Aber einmal mehr als Plug-in-Hybrid, der dank hocheffizientem Batteriesystem rund 100 Kilometer elektrische Reichweite nach WLTP schaffen soll. Und da die C-Klasse eine der volumenstärksten Baureihen des Unternehmens ist, soll so der CO2-Fußabdruck sinken. Technisch fährt Daimler trotzdem groß auf: Mit Hinterachslenkung und „Digital Light“ sowie einem noch schlaueren MBUX-System samt Updates over the air. Limousine und T-Modell feiern gemeinsam Premiere, können ab 30. März bestellt werden und kommen im Sommer 2021 zu den Vertriebspartnern.

Milde Elektrifizierung der Vierzylinder – keine Sechs- und Achtzylinder mehr, dafür Plug-ins und Neungang-Automatik immer Serie

Das Motorenprogramm umfasst ausschließlich Vierzylinderaggregate aus der aktuellen modularen Mercedes-Benz Motorenfamilie FAME (Family of Modular Engines). Damit trägt das Motorenprogramm wesentlich zur Flexibilisierung des internationalen Produktionsverbundes bei gleichzeitig bedarfsgerechter Elektrifizierung bei.

Sowohl die Diesel- als auch die Ottomotoren verfügen neben der Aufladung mit Hilfe des Turboladers erstmals auch über eine intelligente Unterstützung im niedrigen Drehzahlbereich mit einem integrierten Starter-Generator (ISG) als Mild-Hybrid der zweiten Generation. Zum ISG gehört das 48-Volt-Bordnetz, das Funktionen wie Segeln, Boost oder Rekuperieren sicherstellt und deutliche Verbrauchseinsparungen ermöglicht. Außerdem sollen die Motoren damit sehr schnell und komfortabel starten, sodass die Start-Stopp-Funktion für den Fahrer ebenso fast unmerklich erfolgt wie der Übergang vom Segeln mit stehendem Motor zum kraftvollen Vortrieb mit Motorkraft. Im Leerlauf sorgt das intelligente Zusammenspiel des ISG mit dem Verbrennungsmotor für eine überragende Laufruhe. Neben den Mildhybriden wird es noch einen Plug-in-Hybrid-Benziner mit bis zu 100 km rein elektrischer Reichweite geben. Gestartet wird mit drei Benzinern (C180, C200 und C300) sowie zwei Dieseln (C220d und C300d).

Daimler bleibt den Plug-in-Dieseln treu!

Bald nach dem Start folgen Plug-in-Hybride der vierten Generation. Unter Verwendung der gleichen Grundmotoren macht die Elektrifizierung hier laut Daimler einen weiteren großen Schritt. Mit einer elektrischen Antriebsleistung von 95 kW (129 PS) und einer rein elektrischen Reichweite von rund 100 Kilometern (WLTP) sollen die Plug-in-Hybrid Modelle der C-Klasse noch öfter ohne Einsatz des Verbrennungsmotors unterwegs sein. Dieser ist der hochmoderne Vierzylinder M 254 in der Zweiliter-Variante. Wichtig: Auch die Diesel Plug-in-Hybride als Limousine und T-Modell folgen wieder.

Das neue Hochvolt-System soll kompakter und leistungsfähiger sein. Die Zahl der Hochvolt-Schnittstellen wurde laut Daimler deutlich reduziert. Die Integration der Leistungselektronik in das Getriebegehäuse verringert die benötigten Bauräume und vereinfacht Montageprozesse im Fahrzeugwerk. Außerdem steigt durch eine Erhöhung der Systemspannung die Antriebsleistung, ohne dass dafür größere Leitungsquerschnitte notwendig wurden.

Die hohe Leistungsdichte des Hybridtriebkopfs wird mithilfe einer permanenterregten Innenläufer-Synchronmaschine erreicht. Das maximale Drehmoment der E-Maschine von 440 Nm ist ab der ersten Motorumdrehung bereit und bewirkt eine hohe Agilität beim Anfahren und ein dynamisches Fahrverhalten. Die volle elektrische Leistung steht bis 140 km/h zur Verfügung und wird dann soft abgeregelt.

Der Akku ist eine Eigenentwicklung

Die Hochvolt (HV)-Batterie ist eine Eigenentwicklung der Mercedes-Benz AG. Sie gehört einer Batteriefamilie der vierten Generation an und stellt eine konsequente Weiterentwicklung der Vorgängergeneration dar. Sie besteht aus 96 Zellen in sogenannter Pouch-Bauform. Die Akku-Gesamtkapazität beträgt 25,4 kWh. Dies führt zu einer deutlichen Steigerung der Reichweite in den Bereich von rund 100 Kilometern. Um der hohen Leistungsdichte Rechnung zu tragen, verfügt die HV-Batterie über eine innenliegende Kühlung. Über das Thermomanagement kann so die Betriebstemperatur unabhängig von der Innenraumklimatisierung geregelt werden. Dies ermöglicht neben dem Dauerbetrieb in Heiß- und Kaltländern auch das Schnellladen mit Gleichstrom. Selbst bei entleerter Batterie ist eine volle Aufladung mit dem optionalen 55-kW-DC-Lader in rund 30 Minuten realisierbar. Für das Laden am heimischen Wechselstromnetz ist serienmäßig ein 11-kW-Charger (marktabhängig) für das dreiphasige Laden an der Wallbox verfügbar.

Beim Plug-in endlich keine Stufe mehr im Laderaum

Die Anordnung der Batterie im Fahrzeug bringt gemessen am Vorgänger Vorteile im Alltag: Der Gepäckraum besitzt nun keine Stufe mehr und bietet eine Durchlademöglichkeit. Besonders deutlich wird der Fortschritt beim T-Modell: Die Länge des Gepäckraumbodens steigt um 63 mm auf 1.043 mm. Hohe Getränkekisten können problemlos unter die Kassetten von Abdeckrollo und Laderaumnetz geladen werden, denn die Höhe des Gepäckraumes steigt um 150 mm auf 732 mm. Das Gepäckraumvolumen wurde gegenüber dem Vorgänger um 45 Liter auf 360 Liter erhöht, bei umgeklappten Rücksitzen passen sogar 1.375 Liter (plus 40 Liter) ins T-Modell. Luftfederung und Niveauregulierung hinten sind bei Limousine und Kombilimousine serienmäßig.

Knackig: „Cab-backward-design“ mit klassischen Proportionen, künftig nur noch mit Zentralstern

Der Haubenstern ist bei der neuen C-Klasse Geschichte. Er wurde beim Vorgänger angelblich schon nur noch selten geordert und stört die noch sportlichere Auslegung. Im Innenraum übernimmt man viele Highlights aus der neuen S-Klasse, setzt darauf aber sportliche Akzente.

Alle Modelle besitzen jetzt einen Zentralstern, Ausführung und Charakter des Grills unterscheiden sich im Detail. So trägt das Basismodell einen Zentralstern mit Lamellen. Beim Avantgarde kommen Schmuckelemente in den Lamellen sowie Chromrahmen um Kühlergrill und Schürze hinzu. Erkennungsmerkmal der AMG Line ist der Diamantgrill im Sterndesign in Chrom. Zur neuen Sportlichkeit soll wie bei BMW die Fahrerorientierung der Mittelkonsole beitragen: Instrumententafel und Zentral-Display sind leicht um sechs Grad zum Fahrer hin geneigt.

Großes Zentraldisplay wie bei der S-Klasse

Den Fahrerbereich kennzeichnet ein hochauflösender LCD-Bildschirm. Er steht frei und scheint vor dem Flügelprofil und der Zierteilfläche zu schweben. Damit hebt sich das Fahrer-Display von traditionellen Cockpits mit klassischen Rundinstrumenten ab. Käufer haben die Wahl zwischen einer 10,25-Zoll-(26,0 cm) und einer 12,3-Zoll-(31,2 cm) Ausführung.

Auch beim Zentral-Display wird der Paradigmenwechsel hin zur Digitalität deutlich: Die Fahrzeugfunktionen sind über den wertigen Touchscreen steuerbar. Sein Hochformat bietet insbesondere für die Navigation deutliche Vorteile. Wie die Instrumententafel ist auch die Bildschirmfläche des großen Touchscreens leicht zum Fahrer hin orientiert. Das Zentral-Display verfügt serienmäßig über eine Bildschirmdiagonale von 9,5 Zoll (24,1 cm). Optional ist eine größere Version mit 11,9 Zoll bzw. 30,2 cm erhältlich.

Individuell einstellbare Screens

Und natürlich lassen sich Fahrer- und Zentral-Display individuell einstellen. Das Erscheinungsbild der Bildschirme lässt sich mit insgesamt drei Anzeigestilen (dezent, sportlich, klassisch) und drei Modi (Navigation, Assistenz, Service) individualisieren. In „Sportlich“ beispielsweise dominiert die Farbe Rot, der zentrale Drehzahlmesser ist dynamisch inszeniert. Ab den Lines verfügt die neue C-Klasse serienmäßig über eine Ambientebeleuchtung mit Lichtleitern.

Auch die C-Klasse erhält jetzt die neueste Generation MBUX

Auch die neue C-Klasse fährt jetzt die zweite Generation des Infotainmentsystems MBUX (Mercedes-Benz User Experience) auf. Der Innenraum wird noch digitaler und intelligenter, denn Hard- und Software haben einen großen Sprung gemacht: Auf den LCD-Bildschirmen erleichtern brillante Ansichten die Steuerung von Fahrzeug- und Komfortfunktionen. Im neuen „Assistenzmodus“ wird das Verkehrsgeschehen in Echtzeit abgebildet und mit wichtigen Anzeigeinformationen ergänzt. Die Fullscreen-Navigation wurde aus der S-Klasse übernommen und soll dem Fahrer die bestmögliche Orientierung während der Fahrt bieten.

Hey Mercedes: Der Sprachassistent soll noch schlauer sein

Der Sprachassistent „Hey Mercedes“ ist dialog- und lernfähiger durch Aktivierung von Onlinediensten in der Mercedes me App. Ferner können bestimmte Aktionen auch ohne den Aktivierungsbegriff „Hey Mercedes“ ausgelöst werden. Dazu gehört beispielsweise die Annahme eines Telefonanrufs. „Hey Mercedes“ erklärt mit dem Sprachbegriff „Hilfe“ auch Fahrzeugfunktionen und unterstützt, wenn man sein Smartphone per Bluetooth verbinden möchte oder den Verbandskasten sucht. Sogar die Insassen soll die C-Klasse jetzt an der  Stimme erkennen.

Verknüpfung mit Smart Home soll Bedienkomfort aus der Ferne ermöglichen

Mit der MBUX Smart Home-Funktion wird die C-Klasse jetzt zur mobilen Schaltzentrale für das Zuhause. Denn unter dem Oberbegriff „Smart Home“ machen WLAN, Sensoren und Aktuatoren das Heim immer intelligenter und kommunikativer: Temperatur und Beleuchtung, Rollläden und Elektrogeräte lassen sich aus der Ferne überwachen und schalten. Bewegungsmelder und Fensterkontakte informieren über erwünschten oder unerwünschten Besuch. Dabei kann man sich auch mit MBUX absprechen, nach dem Motto:

„Hey Mercedes, ist gerade jemand bei mir zuhause?“ „Ich habe mal nachgeschaut. Die letzte erkannte Bewegung war vor einer Stunde in der Küche.“

So können künftig Dialoge über den Sprachassistenten MBUX zwischen Fahrer oder Passagier in der C-Klasse und dem Smart Home des Nutzers ablaufen. Zum Marktstart wird die MBUX Smart Home-Funktion zahlreiche Geräte wichtiger Smart Home-Anbieter unterstützen – entsprechende Verträge wurden bereits mit Bosch Smart Home und Samsung SmartThings abgeschlossen. Weitere Anbieter sollen laut Daimler folgen und zu einem späteren Zeitpunkt bekanntgegeben.

Bereits zu Beginn versteht Hey Mercedes Abfragen und Befehle in vier Sprachen (Deutsch, Chinesisch, Amerikanisches und Britisches Englisch). Angesprochen werden können Lampen, Steckdosen, Thermostate, Rollläden und Jalousien, Bewegungsmelder und Tür- bzw. Fensterkontakte sowie Temperatursensoren. Es gibt also auch eine Antwort auf die Frage: „Habe ich eigentlich die Heizung herunter gedreht?“ Und je nach Auskunft und den zuhause installierten Thermostaten die Möglichkeit, die Einstellung zu ändern: „Stelle die Temperatur im ganzen Haus auf 18 Grad!“ So trägt die Smart Home-Integration in MBUX zur Reduktion des heimischen Energieverbrauchs bei. Erhöht wird der Komfort, weil die Heizung auch aus der Ferne rechtzeitig wieder hochgefahren werden kann.

Außerdem hat Mercedes-Benz hat mit dem Dienst „Online Music“ die größten Musikstreaminganbieter ganzheitlich in das MBUX Infotainmentsystem integriert. MBUX ermöglicht hierbei den nahtlosen Zugriff auf das persönliche Nutzerprofil beim verknüpften Musikanbieter. Die Bedienung erfolgt dabei intuitiv durch den MBUX Sprachassistenten via „Hey Mercedes“, die Touchbedienung am Lenkrad oder direkt am Zentral-Display.

Als Sonderausstattung wird auch „Augmented Video“ angeboten. Eine Kamera erfasst die Umgebung vor dem Fahrzeug. Die bewegten Bilder werden auf dem Zentral-Display angezeigt. Zusätzlich werden virtuelle Objekte, Informationen und Markierungen in das Videobild eingeblendet. Dazu gehören beispielsweise Verkehrsschilder, Abbiegehinweise, Spurwechselempfehlungen und Hausnummern. Dies kann die Navigation insbesondere in der Stadt deutlich erleichtern.

Ein farbiges Head-up-Display ist als Sonderausstattung bestellbar. Dem Fahrer wird ein virtuelles Bild mit einer Größe von 9 x 3 Zoll (ca. 23 x 8 cm) in ca. 4,5 m Entfernung über der Motorhaube schwebend dargestellt. Auch das ist ein großer Schritt analog zur S-Klasse. Ergonomisch günstig unterhalb des Zentral-Displays befindet sich ein Fingerabdruck-Scanner. Damit können sich Nutzer schnell, komfortabel und sicher bei MBUX anmelden. Denn persönliche Einstellungen und Daten wie Favoriten, letzte Ziele, verhaltensbasierte Vorhersagen, berufliche Einträge des Kalenders oder E-Mails sind geschützt. Zahlungsprozesse über Mercedes me sind ebenfalls dem authentifizierten Nutzer vorbehalten.

„Updates over the Air“ (OTA): Die Software ist immer auf dem neusten Stand

Sobald ein neues Update seitens Mercedes-Benz verfügbar ist, erscheint ein Hinweis in MBUX. Download und Installation des Updates erfolgen im Hintergrund. Der Aktivierung muss der Nutzer dann noch einmal explizit zustimmen. So bleibt das Fahrzeug stets auf dem neusten Stand. Auch Features, welche heute noch gar nicht erfunden sind, können mit Over-the-Air-Updates in bereits verkaufte Fahrzeuge gebracht werden. Zum Übertragen der Daten setzt Mercedes-Benz wegen des hohen Sicherheitsstandards auf Mobilfunktechnik und das im Fahrzeug verbaute Kommunikationsmodul. Ein weiterer Weg zu einem aktualisierten und verbesserten Nutzererlebnis ist das Zubuchen neuer Funktionen im Mercedes me Store, etwa Music-Streaming–Dienste oder In-Car-Office. Auch können Abonnement-Dienste über den Mercedes me Store direkt online verlängert oder neu zugebucht werden.

Was bedeutet das?

Die neue C-Klasse könnte schon die Letzte sein: Wenn Daimler sein Elektrifizierungsprogramm ebenso beschleunigt wie die anderen Hersteller und bald der kompakte, aber mehr Platz bietende EQE ins Programm kommt, könnte es schon in einigen Jahren eng werden für die C-Klasse, die antriebs- und Package-technisch dem konventionellen Vorgänger nachfolgt. Dafür lässt sie in Sachen Digitalisierung nichts anbrennen und bleibt den Plug-in-Dieseln treu.

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