Neufahrzeugpreise: Ihr habt es überreizt!

Seit rund einer Woche überschlagen sich die Meldungen mit „angepassten“ Leasingraten für Elektromobilität – die jetzt wieder bei 85 Euro für den Dacia Spring starten.

Nomen est Omen: Der Dacia Spring startet als 45 PS starker "essential" ab 85 Euro im Monat. Wenn man nicht als Familie mit mehreren großen Kids und Hund auf große Fahrt geht, sind damit 80% aller Mobilitätsbedarfe abgedeckt. | Foto: G. Soller
Nomen est Omen: Der Dacia Spring startet als 45 PS starker "essential" ab 85 Euro im Monat. Wenn man nicht als Familie mit mehreren großen Kids und Hund auf große Fahrt geht, sind damit 80% aller Mobilitätsbedarfe abgedeckt. | Foto: G. Soller
Redaktion (allg.)
(erschienen bei VISION mobility von Gregor Soller)

Bis vor Kurzem waren Autos Mangelware: Pandemie-, Container- und Chipkrise machten aus vielen Modellen Mangelware und ließen die Preise regelrecht explodieren: Plötzlich kostete ein BMW iX1 an die 600 Euro, viele Kompaktwagen knapp 400 und selbst ein Dacia Spring marschierte stramm auf 200 Euro Leasingrate zu. Womit ganz viele Privatleute, aber auch Firmenpolicies ausstiegen, verschoben oder einige auf Mobilitätsbudgets statt Firmenwagen umstellten.

Und die „gefühlte Wahrheit“ im Bekanntenkreis bildete genau das ab: Da wechselte ein HR-Chef eines größeren Konzerns notgedrungen vom vollausgestatteten allrad-Plug-in-Kombi der oberen Mittelklasse ins SUV-Kompaktsegment. Freunde in der noblen Vorstadt, die locker ihren Zweitwagen tauschen könnten, fahren stattdessen das aktuelle Modell auf unbestimmte Zeit weiter, bis vielleicht mal mehrere wirklich große Reparaturen kommen. Nachbarn haben ihr Leasingauto zurückgegeben und nicht mehr ersetzt, während ein Kumpel sich nach dem Auslaufen seines Leasingvertrages einen gebrauchten, gut abgehangenen, aber auch sehr gut erhaltenen Kleinwagen geschossen haben – mehr bräuchte es ja eigentlich nicht im Alltag. Und Mitarbeiter deutscher Premium-Anbieter erhalten auf „übrig gebliebene Elektroautos im Pool“ plötzlich Raten, für die man offiziell nicht mal das Einstiegsmodell der Marke bekommt.

Der Auftragseingang nimmt zum zweiten Halbjahr 2023 ab

Man merkt: Es geht ins zweite Halbjahr und allerorten vernimmt man, dass der Auftragsbestand des Vorjahres weitgehend abgebaut worden sei und der Ordereingang sich ganz massiv abgekühlt habe Und plötzlich sind sie wieder da, die günstigen Leasingraten – bei Stromern teils mit hohen Anzahlungen und geringen Fahrleistungen erkauft, aber immerhin…

Wir haben am 25.7.2023 mal kurz live recherchiert und fanden: Dacia bietet den Spring ab 85 Euro an, Fiat den 500e ab 119 Euro, Ora den Funky Cat ab 149 Euro, BYD den Atto 3 ab 199 Euro oder Opel den Corsa electric ab 239 Euro im Monat und selbst der iX1 wird auf der BMW-Webseite jetzt aktiv für Tarife ab 549 Euro beworben. Dazwischen parken Teslas Model 3 ab 411 Euro und das Model Y ab 431 Euro.

Fakt ist – das Leben und damit die Mobilität werden teurer und für immer weniger Menschen erschwinglich, denn gleichzeitig explodieren alle Lebenshaltungskosten und die Zinsen, sodass gespart werden muss. Weshalb die Zeit der gierigen Gewinnmitnahmen fürs Erste vorbei sein dürfte. Und die Industrie vielleicht auch mal daran erinnert wird, nicht nur gegenüber den Aktionären und Eigentümern, sondern auch gegenüber der Gesellschaft eine Verantwortung zu haben. Die sich wiederum überlegen kann, was es für ein glückliches Leben wirklich braucht.

Wahrscheinlich eher nicht drei Tonnen Elektroauto, die man in drei Sekunden auf 100 km/h schießen kann…

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