Nio stellt EL6 und Kombi ET5 Touring vor
Nio statt Ferrari: Wo einst rote Renner aus Maranello verkauft und gewartet wurden, bietet man jetzt die Nio-Palette an. Wir waren unter den gut 160 geladenen Gästen und durften schon mal im ET5 Touring und EL 6 probe sitzen. Und während BMW jedes Mal neu überlegt, ob auch der nächste 3er nochmal als Touring kommt, baut Nio den ET 5 einfach – und zwar binnen kürzester Zeit, denn: Der Entschluss für den Kombi fiel laut einem Insider erst vor knapp eineinhalb Jahren. In denen dann der komplette Hinterwagen aufwändig neu konstruiert wurde, da die große Heckklappe viel Steifigkeit kostet. So das Ralph Kranz, General Manager der Nio Deutschland GmbH dann erklären konnte:
„Der Nio ET5 Touring wurde in Europa speziell für die hiesigen Bedürfnisse entwickelt. Er ist nicht nur der erste Kombi innerhalb der Nio Produktfamilie, sondern ebenfalls der erste vollelektrische Kombi im Premiumsegment.“
Fein: Er kostet nicht mehr als das Fließheck und startet bei 47.500 Euro (zzgl. Batteriemiete („BaaS“) oder Batteriekauf – der ist mit 12.000 Euro für den 75-kWh-akku respektive 21.000 Euro für den 100-kWh-Akku allerdings teuer). Im Subscription-Modell kann der ET5 Touring ab 1.119 Euro (inkl. 75-kWh-Batterie, 36 Monate Laufzeit) abonniert werden.
Daneben stellte Nio das SUV EL6 vor, das den gleichen (kompakteren) Antriebsstrang wie der ET5 nutzt (360 kW, 700 Nm!), aber größer baut: Der EL6 ist ab 53.500 Euro im Kauf (zzgl. Batterie) oder im Subscription-Modell erhältlich. Der Auslieferungsstart beider Modelle erfolgt ab Q4 2023.
Nio Hub – München-Premiere am Ex-Ferrari-Standort
Erstmals eröffnete Nio auch ein sogenanntes Hub, heißt: Hier kann man nicht nur anschauen, sondern auch Probe fahren und das Auto warten oder reparieren lassen. Für das NIO Team und Ralph Kranz ist der Veranstaltungsort eine zusätzliche Premiere – interssanterweise gar ein „World first“:
„Das Nio Hub München ist das erste seiner Art weltweit und verbindet das Community- und Marken-Erlebnis auf der einen Seite mit erstklassigem Service auf der anderen Seite.“
Die geplanten Nio-Hubs sollen die volle Bandbreite an klassischen Servicedienstleistungen von Autokauf bis Aftersales-Service anbieten – sind also klassische Autohäuser mit Werkstatt. Es dient als zentraler Anlaufpunkt für Besichtigungen, Bestellungen, Testfahrten oder Reparaturen aller Art. Darüber hinaus soll es künftig auch als erweiterter Showroom fungieren. Der Clou dabei: Nio stellt den Showroom für externe Events unentgeltlich zur Verfügung und bietet somit eine moderne und zugängliche Eventfläche in München an. Zudem können Besucher die Design-Produkte von Nio Life, der Lifestyle-Marke von Nio kennenlernen oder erwerben. Die Öffnungszeiten des Hub in der Zamdorfer Straße 86 sind konventionell: Montag bis Freitag von jeweils 09:00 Uhr bis 18:00 Uhr, aber samstags von 10:00 Uhr bis 18:00 Uhr.
Erstes Probesitzen: Optik, Haptik und Geruch sind Premium
Wir nutzen das Hub jedenfalls für ausgiebiges Probesitzen in beiden neuen Modellen und müssen sagen: Optik, Haptik und auch der Geruch des Innenraums (unterschwellig ganz wichtig) sind klar Premium! Hier ließ Nio nix anbrennen. Und: beide Modelle wirken kompakter als sie sind: Denn der Nio ET5 Touring misst 4.790 mm × 2.178 mm × 1.499 mm und fährt mit 2,888 Metern Radstand schon eher in der oberen Mittelklasse. Innen allerdings ist er Jaguar so ähnlich wie außen, heißt: Raumnutzer ist er keiner: 450 bis 1.300 Liter Kofferraum können auch Kompakte und auf den Sitzen kommen vier 1,9-Meter-Mitfahrer gut unter, wobei die dann im Fond schon „slim fit“ sitzen.
Umso mehr freut man sich über das 1,35 Quadratmeter große Panoramadach. Und da der Touring als doppelmotoriger luftgefederter Allradler mit großen Akkus antritt, wiegt er mit einer 75-kWh-Akku ab 2.190 kg, mit der 100-kWh-Batterie ab 2.210 kg. Dafür geht es bei Bedarf in 4,0 Sekunden auf 100 km/h. Die WLTP-Reichweite gibt Nio beim großen Akku mit bis zu 560 km an. Den Bremsweg aus 100 km/h mit 33,9 m. Beim cW-Wert brach man keine Rekorde: 0,25 geht in Ordnung, ist aber nicht die Welt. Und, für einen Kombi wichtig: er darf immerhin bis zu 1,4 Tonnen an den Haken nehmen. Vorn sitzt man extrem bequem, während es im Fond ein bisschen zwicken kann. Die Verarbeitung überzeugte uns, ebenso die Haptik: A-Säulen in wildlederartigem Bezug gefallen ebenso wie die Einleger aus Bambus. Keine Frage, in der Hardware hat Nio seinen Platz zwischen den Dreier-Modellen von Tesla und BMW gefunden, in der Software darf man aber noch nachlegen.
Die Software erhält ein Riesen-Update
Ist auch geplant, denn „Banyan“, das intelligente Betriebssystem auf der NT2 Plattform, welches durch FOTA-Updates ständig weiterentwickelt wird, soll im Herbst ein großes Update bekommen, das stark von der Community und ihren Wünschen getrieben ist.
Korrekte Ziffern: Der EL6 ist dem EL7 näher als der ET5 dem ET7
Gleiches gilt für den EL6, der sich allerdings vom EL7 nicht so sehr unterscheidet wie der ET5 vom ET7, denn: Mit 4.854 mm × 2.212 mm × 1.703 mm (Höhe) bei 2.915 mm Radstand bleibt er eigentlich ein Mitglied der oberen Mittelklasse und baut kaum kleiner als der EL7. Wir nehmen vorn und im Fond Platz und stellen fest: Der ist auf allen Plätzen reichlich vorhanden. So reichlich wiederum, dass er seinen großen Bruder, den EL7 fast ein bisschen in Frage stellt. Sofern man sich mit 1.200 kg Anhängelast bescheiden kann. Das Package folgt antriebstechnisch dem ET5, nur dass der EL6 mit der 75-kWh-Batterie 2.303 kg startet, mit dem 100-kWh-Akku bei 2.323 kg. Weshalb er 4,5 Sekunden auf 100 km/h braucht und 34,5 Meter, um aus 100 km/h zum Stillstand zu kommen. Die WLTP-Reichweite fällt, auch wegen des identischen cW-Wertes zum ET5 Touring mit bis zu 529 km gar nicht so viel schlechter aus. Im Kofferraum blieben hier zwischen 579 bis 1.430 l Volumen.
Wir steigen au und attestieren auch dem EL6 im Stand Premiumqualität, mit der er durchaus neben einem Mercedes-Bent EQE oder einem BMW iX (be)stehen kann. Gespannt sind wir auch hier auf die Software und Details wie das „Intelligent Smooth Stop (ISS)“-System, das die Bremskraft automatisch anpassen kann.
Was bedeutet das?
Nio erweitert sein Programm sinnvoll nach unten. Da man aber die (großen und tauschbaren) Akkus der 7er-Modelle nutzt und mit den beiden starken Allradmaschinen extrem viel Power auffährt, ist man vom Massenmarkt immer noch weit weg: Auch die Neuzugänge punkten mit Eleganz, Komfort und dem entsprechenden Geruch, bleiben im Leasing aber vierstellig – und müssen hier gegen die etablierten Premiums antreten, an denen man sich die Zähne (aktuell noch) schneller ausbeißt als MG das im günstigen Kompaktsegment tut. Wobei auch Nio bereits angekündigt hat, hier perspektivisch weiter nach unten wachsen zu wollen. Fürs erste hätte uns aber auch ein stahlgefederter ET5 Touring mit 150 KW und Heckantrieb für unter 40.000 Euro Basispreis (ja klar, OHNE Akku) oder für 700 Euro in der Subscription gereicht. Vielleicht reicht Nio so etwas ja perspektivisch noch nach….