Rytle: „Professionelle Konzepte sind gefragt“

Umweltzonen, enge Straßen, Verkehrschaos und der rasante Zuwachs an E-Commerce sorgen dafür, dass auf der sogenannten letzten Meile antiquierte Arbeitsabläufe ins Stocken geraten und bisherige Prozesse an ihre Grenzen stoßen. Interview von Tobias Schweikl mit Ingo Lübs.

CEO Ingo Lübs, Rytle: „Professionelle Konzepte sind gefragt“
CEO Ingo Lübs, Rytle: „Professionelle Konzepte sind gefragt“
Bert Brandenburg

LOGISTRA: Herr Lübs, noch vor wenigen Jahren undenkbar, entwickeln sich Lastenräder inzwischen rasant zu einer echten Alternative im innerstädtischen Lieferverkehr. Wie und wann sind Sie auf den kommenden Wandel aufmerksam geworden? Ingo Lübs: Das Lastenrad an sich ist ja grundsätzlich keine neue Erfindung und dient, insbesondere im asiatischen Raum, schon seit sehr langer Zeit als adäquates Transportvehikel. Seit jeher gab es in der Krone Gruppe Last-Mile Produkte wie das KEP-Shuttle – nur fehlte allgemein bisher im Markt das passende Gesamtkonzept für die letzte Meile oder wie wir intern sagen: die letzten Meter. Durch das JointVenture Rytle, in dem wir einerseits Expertise aus dem Lastenfahrradbereich sowie Automotive und IT mit dem Mitbegründer Dr. Arne Kruse und andererseits Expertenwissen aus der Logistik als Trailerhersteller vereint haben, glaube ich behaupten zu können, dass wir einen Lösungsansatz für diesen Wandel gefunden haben.

Sie bieten neben dem elektrisch betriebenen Lastenrad „RYTLE MovR25“ auch noch die standardisierte Transportbox „RYTLE Box“, ein mobiles Hub und eine Softwareplattform an, die alle Beteiligten vernetzt. Warum? Durch eine unmittelbare Abstimmung zwischen den einzelnen Komponenten steht die Effizienz in der Zustellung auf dem letzten Meter im Vordergrund. Unser Ziel ist es, durch den Einsatz eines effektiven Gesamtkonzepts die Gesamtperformance zu steigern. Alle Elemente sind einzeln oder als Gesamtsystem nutzbar. Außerdem sind hier professionelle Konzepte gefragt.

Wo und in welchem Umfang ist das Rytle-System bereits im praktischen Einsatz? Wir sind seither mit verschiedensten Kunden – etwa international tätigen wie auch kleineren Paketdienstleistern – in mehr als 20 europäischen Städten unterwegs. Weitere 15 sind bei Kunden in Planung und kommen kurzfristig dazu. Es gibt eine weltweite Nachfrage nach dem Produkt, die man im ersten Schritt selbstverständlich nicht direkt bedienen kann. Mit der ersten Kooperation in den USA zur Produktion der MovR gehen wir einen ersten Schritt in Richtung unserer Kunden auf diesem Kontinent. Zudem eruieren wir gerade die Möglichkeit der lokalen Produktion im indisch-asiatischen Raum.

Worauf sind Sie beim Lastenrad RYTLE MovR25 besonders stolz?

Stolz ist vermutlich nicht der richtige Begriff. Ich persönlich würde es eher als ‚beeindruckend‘ charakterisieren. Der Wandel, den wir momentan innerhalb der ‚letzten Meter‘ bis vor die Tür der Kunden aktiv mitgestalten, ohne den Verkehr zu blockieren, sowie das Feedback von vielen Kunden und Interessierten zeigen uns, dass die Entwicklung und Umsetzung unseres MovR in die richtige Richtung gegangen ist. Hierbei stellen wir uns aber täglich auch neuen Herausforderungen, Produkte im laufenden Prozess zu verbessern, aber auch Ideen wieder zu verwerfen.

Wie stellen Sie die Fahrzeugqualität sicher, sobald der MovR25 in die Serienfertigung geht? Ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess ist und wird für uns essenziell bleiben. Hierbei ist uns der Kontakt mit unseren Kunden elementar, da wir hier mit direktem Feedback unseren MovR25 noch schneller verbessern und unseren verschiedenen Kundentypen ein passendes Produkt liefernkönnen. Auch sind die Begriffe QM und QS von hoher Bedeutung, da wir in unserer Fertigung großen Wert auf Qualität und saubere Ausarbeitung legen. Hier setzen wir auf verlässliche Komponentenlieferanten wie Heinzmann, BMZ oder Magura.

Wie organisieren Sie ein professionelles Service- und Wartungsnetz für Ihre Lastenräder? Wir arbeiten momentan an der Einrichtung unseres Service- und Wartungsnetzes. Für uns steht auch hier ganz klar im Fokus, Partner vor Ort zu finden, die nicht nur über das technische Know-how verfügen, sondern auch die Rytle-Idee unterstützen. Nach grundsätzlichen Produktschulungen stehen wir unseren Servicepartnern mit Rat und Tat zur Seite. Bei Bedarf schulen wir auch in internen Kundenstrukturen.

Wie lösen Sie das Problem, dass in den überfüllten Innenstädten meist kein Platz für große Logistik-Hubs ist? Wir sind im intensiven Austausch mit vielen Städten und Kommunen. Viele habe diese Problematik erkannt, scheitern aber oft an eigenen bürokratischen Hürden. Nichtsdestotrotz richten wir unsere Blicke natürlich auch auf weitere Optionen wie private Flächen oder ganz pragmatisch Parkplätze großer Supermarktketten.

Erklären Sie bitte kurz die Idee hinter Ihrer Softwareplattform. Welchen Mehrwert hat das und wie bindet man sie in eine bestehende Unternehmens-IT ein?

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