Sparing für die KI: So lernen autonome Fahrzeuge Verkehrsschilder zu erkennen

Ein Forschungsteam für Neuroinformatik an der Ruhr-Universität Bochum trainiert intelligente Algorithmen zur Bildgenerierung und -erkennung im Wettstreit gegeneinander. Die wiederum sollen in Zukunft autonome Fahrzeuge trainieren, um Verkehrsschilder besser und auch unter widrigsten Bedinnungen identifizieren zu können.

Wichtig beim autonomen Fahren: Verkehrsschilder sollten auch erkannt werden, wenn sie verwittert, verschneit oder zugewachsen sind. | Foto: Roberto Schirdewahn/Ruhr-Universität Bochum
Wichtig beim autonomen Fahren: Verkehrsschilder sollten auch erkannt werden, wenn sie verwittert, verschneit oder zugewachsen sind. | Foto: Roberto Schirdewahn/Ruhr-Universität Bochum
Julian Kral
(erschienen bei VISION mobility von Anna Barbara Brüggmann)

Egal ob bei Nacht, im Regen, im Schnee, oder wenn sie bemoost, verschmutzt oder halb zugewachsen sind - Straßenschilder müssen von autonomen Fahrzeugen jederzeit erkannt werden können, damit diese künftig sicher durch die Straßen fahren. Noch läuft das Training allerdings nicht ohne Hürden.

Um die künstliche Intelligenz (KI) im Fahrzeug zu trainieren, kommen viele Beispiele aller Verkehrszeichen aus den verschiedensten Jahres- und Tageszeiten und Wetterlagen zum Einsatz. „Diese vielen Zeichen alle zu fotografieren, wäre zu aufwändig“, erklärt Prof. Dr. Sebastian Houben vom Institut für Neuroinformatik der Ruhr-Universität Bochum. „Auch tauchen manche Schilder überhaupt nur selten auf.“

Zusammen mit Dominic Spata und Daniela Horn entwickelt er daher eine Methode, um Bilder von Verkehrszeichen automatisch zu generieren, mit denen Computer danach das Sehen üben können.

50.000 Fotos als Ausgangspunkt

Als Ausgangspunkt der Arbeit dienen ebenfalls Bilder von echten Verkehrszeichen. Im Jahr 2011 machte das Team Videoaufnahmen von 43 in Deutschland genormten Verkehrszeichen. Aus den Videos entstanden rund 50.000 Einzelbilder der Schilder aus verschiedenen Perspektiven.

„Wir wollen das ein Algorithmus selbst lernt Bilder von Verkehrszeichen zu generieren, anhand derer andere Programme ihre Erkennungsfähigkeit trainieren können“, erläutert Houben.

Genutzt werden dazu zwei Algorithmen: Der eine bekommt Piktogramme amtlicher Verkehrsschilder und muss daraus fotoähnliche Bilder erzeugen. Aus diesen muss er jedoch später selbst später wieder das ursprüngliche Zeichen erkennen können. Damit soll verhindert werden, dass der Algorithmus das Bild des Zeichens einfach so stark verfremdet, dass gar keine Ähnlichkeit mehr mit dem Verkehrszeichen gegeben ist.

Der zweite Algorithmus hat die Aufgabe zu entscheiden, ob es sich bei dem so entstandenen Bild um ein echtes Foto handelt oder nicht. Ziel ist es, dass der zweite Algorithmus nicht mehr unterscheiden kann, um was es sich handelt.

„Der zweite Algorithmus gibt außerdem Hinweise an den ersten, wie es noch schwieriger gewesen wäre, die richtige Wahl zu treffen“, so Sebastian Houben. „Die beiden sind also Sparringspartner.“

Prozess wird kontinuierlich besser

Zu Beginn des Trainingsprozesses funktioniert das Ganze den Forschern zufolge noch nicht optimal. Ein gutes Ergebnis sei zu diesem frühen Zeitpunkt, wenn das Bild eines Vorfahrtstraßenschildes die richtige Farbe habe und annähernd quadratisch sei. Der Prozess gelänge mit fortschreitender Zeit jedoch immer besser. Nach zwei oder drei Tagen würden die Forscher Horn zufolge prüfen, was für Bilder der Verkehrszeichen herauskommen. Wenn die Bilder dann für das menschliche Auge nicht gut aussehen, wird der Algorithmus etwas abgewandelt und verfeinert.

Unklar sei, wann der Prozess abgeschlossen ist, denn es gebe kein sicheres Maß für die Qualität der Bilder, erklären die Forscher. Bei guten Bilderzeugungsverfahren ließen sich menschliche Probanden nur von durchschnittlich zehn Prozent der Bilder täuschen. Menschen würden meist genau erkennen, bei welchen Bilder es sich um echte Fotos handelt und bei welchen nicht.

„Das kann ganz einfache Gründe haben“, so Horn. „Wir hatten zum Beispiel mal den Fall, dass der Algorithmus immer die Stange weggelassen hat, auf der ein Schild montiert ist.“

Dieses Kriterium sei für ein Computersehsystem unter Umständen nicht so wichtig, für menschliche Probanden hingegen schon. Bei Bilderkennungssoftwares war das Ergebnis der beiden Algorithmen erfolgreicher als bei Menschen.

Generierte Bilder bereits nahe am Original

Nach einem Training mit einer vergleichbaren Anzahl künstlicher Bilder schnitt ein Computersehsystem bei der Erkennung generierter Schilderfotos nur um zehn Prozentpunkte schlechter ab als nach dem Training mit den echten Bildern. Der Bilderzeugungsalgorithmus muss also noch weiter verbessert werden.

„Er neigt zum Beispiel dazu, eine Vorliebe für Waldhintergründe zu entwickeln. Vermutlich, weil sich der Bilderkennungsalgorithmus davon gut täuschen lässt“, erzählt Horn.

Um dies zum umgehen, versuchten die Forscher, die Hintergrundfarbe der Ursprungspiktogramme zu ändern. Die Entscheidungen, welche die Algorithmen anschließend treffen, liegen allerdings – entsprechend dem charakteristischem Merkmal Künstlicher Intelligenz – weiterhin außerhalb der Kontrolle der Forscher.

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