Stromer immer besser: ifeu-Studie widerlegt Mär vom nachhaltigen Langzeit-Verbrenner

Hartnäckig hält sich die These, es sei nachhaltiger, möglichst lange einen Verbrenner zu fahren, als ein neu produziertes E-Auto anzuschaffen. Diese Behauptung widerlegt das ifeu jetzt mit Fakten: Bis auf den "Garagenwagen" ist ein Stromer ökologisch immer besser.

Der Stromer ist immer grüner: Nicht nur bei Neuwagen, auch bei Gebrauchten liegt das E-Auto mittlerweile schnell und deutlich vorn, die Mär vom "grünen Langzeitauto" ist damit widerlegt. | Foto: ADAC
Der Stromer ist immer grüner: Nicht nur bei Neuwagen, auch bei Gebrauchten liegt das E-Auto mittlerweile schnell und deutlich vorn, die Mär vom "grünen Langzeitauto" ist damit widerlegt. | Foto: ADAC
Redaktion (allg.)
(erschienen bei VISION mobility von Johannes Reichel)

Hartnäckig hält sich in der öffentlichen Debatte die Behauptung, es sei nachhaltiger, möglichst lange einen Verbrenner zu fahren, als ein neues E-Auto anzuschaffen. Diese "steile These" hat jetzt das ifeu-Institut Heidelberg untersucht und widerlegt, worüber vorab die Zeit berichtet. Demnach wäre es nur in einem einzigen Fall wirklich umweltfreundlicher, den alten Verbrenner weiterzufahren als auf ein E-Auto umzusteigen: Wenn dieses ein Garagenwagen ist, der weniger als 3.000 Kilometer im Jahr bewegt wird. Die meisten Fahrzeuge jedoch werden im deutschen Durchschnitt viermal so viel bewegt.

Die Analysten kommen daher zu einer klaren Aussage: E-Autos sind eigentlich immer umweltferundlicher als Benziner oder Diesel. Einfacher Grund: Bei Diesel und Benzinern werden die meisten Ressourcen nicht bei der Herstellung, sondern im Betrieb verbraucht, sprich beim Verbrennen fossiler Kraftstoffe. Bereits mittelfristig entstehen dabei erheblich mehr klimaschädliche Emissionen als bei der Produktion und Nutzung eines Elektroautos.

Die Bilanz wird mit dem Strommix immer besser

Zwar entstehen bei der Herstellung eines E-Autos im Vergleich zu einem Verbrenner weit mehr Emissionen, doch über den gesamten Lebenszyklus hinweg fallen fast 50 Prozent weniger an. Die Bilanz wird zudem immer besser, weil der Strommix in Deutschland immer grüner ist: Im ersten Halbjahr 2023 etwa wurde erstmals über die Hälfte des Stroms regenerativ erzeugt. Wie bereits der ADAC nachwies anhand diverser Antriebsarten bei Neuwagen der Kompakt-Klasse, liegt der Stromer gegenüber Diesel oder Benziner-Pkw schon heute nach 45.000 bis 60.000 Kilometern vorn. Jüngst anerkannte sogar der als konservativ geltende VDI die bessere Ökobilanz von E-Autos.

Bei Nutzung grünen Stroms ist die Amortisation sogar nach etwa 25.000 bis 30.000 Kilometern erreicht. Bei den bisherigen Studien verglich man allerdings nur Neuwagen, die Bestandsflotte blieb augeklammert, obwohl Anfang 2023 in Deutschland noch fast zweieinhalb Millionen Pkw mit den Emissionsklassen 1 bis 3, Euro 4 fast zehn Millionen und mit Euro 5 über elf Millionen rollten.

Die Herstellung spielt schnell keine Rolle mehr

Das ifeu konzedierte nun, dass Verbrenner die hohen Herstellungsemissionen eines Elektroautos zunächst einsparen würden. "Die Fahrzeugnutzung führt dann aber aufgrund der Antriebstechnik zu erheblich höheren Emissionen, in der Regel auch gegenüber einem neuen Verbrenner", präzisiert Ifeu-Wissenschaftler Hinrich Helms in der Zeit. Etwa 85 Prozent der klimarelevanten Emissionen falle bei Verbrennern im Betrieb an, also, indem Kraftstoffe hergestellt und verbrannt werden. Dass die mit nur etwa 15 Prozent gewichteten Herstellungsemissionen bei Gebrauchtwagen schon lange zurückliegen und sozusagen abgeschrieben sind, falle bei der CO₂-Bilanz über den gesamten Lebenszyklus kaum mehr ins Gewicht.

"Es ist wie bei einem alten Braunkohlekraftwerk. Das wird ja auch nicht dadurch nachhaltig, dass es möglichst lange am Netz bleibt", meint Helms.

Beim Vergleich mit bereits "abgeschriebenen" Gebrauchtwagen müssten Elektroautos nur mehr Kilometer fahren, bis sich ihre Herstellungsemissionen amortisierten. Bei einer üblichen Pkw-Jahresfahrleistung von durchschnittlich 13.750 Kilometern ist der Umstieg aufs E-Auto so schon nach 5,2 Jahren klimafreundlicher, rechnet das ifeu vor. Basisannahme war zudem, dass ein E-Auto auf 100 Kilometer eher üppige 21 kWh/100 km Strom und ein Benziner 7 l/100 km an Sprit verbraucht, für alte Verbrenner eher schmeichelhaft. Außerdem emmitieren Verbrenner natürlich Luftschadstoffe wie Stickstoffoxide, Kohlenmonoxid oder Feinstaub, ältere Fahrzeuge besonders viel. 

Altauto-Fetischisten führen gerne die Export-These an: Auch Quatsch

Das Argument der Altauto-Verteidiger, dass ein Großteil der in Deutschland aussortierten Gebrauchtwagen nicht verschrottet, sondern exportiert und dann die die Atmosphäre weiter belasten würden, lassen die Forscher ebenfalls nur teilweise gelten. Denn die Export-Pkw ersetzen in den Importstaaten noch ältere und noch schmutzigere Verbrenner. Und noch weitergedacht, könnten mittelfristig gebrauchte Elektroautos aus Deutschland im Ausland Verbrenner ersetzen.

 

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