Studie der Bundeswehr-Uni: BEV hat die bessere Umweltbilanz

Dreimal so viel grünen Strom braucht es, um alle Fahrzeuge mit Wasserstoff zu betreiben, statt direkt mit mit Ökostrom betanken, bilanziert eine Studie von Johannes Buberger an der Bundeswehr-Uni-München. Bei den Gesamtemissionen liegen E-Autos klar vorn zu Diesel und Benziner, aber auch Wasserstoffautos. Auszug aus einer Folge des The smarter E Podcasts.

Stromer schlägt Verbrenner: In der Umweltbilanz sind E-Autos schön heute deutlich überlegen zu Benzin und Diesel, aber auch zu Wasserstoffautos. | Foto: Aral
Stromer schlägt Verbrenner: In der Umweltbilanz sind E-Autos schön heute deutlich überlegen zu Benzin und Diesel, aber auch zu Wasserstoffautos. | Foto: Aral
Christine Harttmann
(erschienen bei VISION mobility von Johannes Reichel)

In Ihrer Publikation wurden 790 aktuelle PKW-Varianten miteinander verglichen, um die Treibhausgas-Bilanz über den gesamten Lebenszyklus eines Fahrzeuges hinweg zu betrachten und zu bewerten. Worin liegt denn der Unterschied zu den sogenannten Schweden-Studien von 2017 und 2019 und was ist das Ergebnis Ihrer Studie?

Der größte Unterschied besteht darin, dass wir in unserer Studie die aktuell am Markt verfügbaren Fahrzeuge in den unterschiedlichsten Leistungsbereichen und Motorisierungen untersucht und miteinander verglichen haben, und somit einen großen Marktüberblick erzielen konnten. Die Schweden-Studien besagen, dass der sogenannte CO2-Rucksack der Batterieproduktion von Elektroautos in den letzten Jahren gesunken ist. In unserer Studie haben wir herausgearbeitet, dass die Gesamtemission im Lebenszyklus eines Fahrzeuges entscheidend ist, und die ist bei elektrisch betriebenen Fahrzeugen erheblich reduziert. Somit ist der Zeitpunkt, bis der CO2-Rucksack abgebaut ist, früher erreicht.

Welche CO2-Emissionen entstehen im Lebenszyklus eines Fahrzeuges?

Den Lebenszyklus eines Fahrzeuges kann man in drei Phasen aufteilen. Die erste ist die Produktion. Hier werden Emissionen bei der Entwicklung und Testung, bei der Gewinnung von Rohstoffen, bei der Weiterverarbeitung und beim Zusammenbau, sowie beim Transport und Handel der Fahrzeuge erzeugt. Die zweite Phase beschreibt den Zeitraum, in dem das Fahrzeug beim Kunden ist. Hier werden die Well-to-Wheel-Emissionen sehr gut durch den jeweiligen Kraftstoffverbrauch oder elektrischen Verbrauch dargestellt. Wir haben uns bei unserer Studie auf die Angaben aus dem WLTP - einem wissenschaftlich anerkannten Prüfverfahren – gestützt. So konnten die Fahrzeuge fair miteinander verglichen werden. Die dritte Phase ist die Verschrottung und das Recycling der Fahrzeuge. Die hier entstehenden Emissionen können mittlerweile mit den eingesparten Emissionen verrechnet werden, wenn aus den recycelten Materialien neue Fahrzeuge entstehen. Bei den Verbrennern gleichermaßen wie bei den BEV´s.

Wie schneiden rein elektrische Fahrzeuge im Vergleich zu Benzinern oder Dieselfahrzeugen ab und was ist mit Hybrid-Fahrzeugen?

Benzin-Verbrenner haben die schlechteste Treibhaus-Bilanz, weil ihre Verbräuche relativ hoch sind. Diesel-Fahrzeuge haben einen etwas niedrigeren Verbrauch, allerdings emittiert der Liter Diesel mehr CO2. Über das gesamte Fahrzeugleben gerechnet spart der Diesel-Verbrenner gegenüber dem Benziner aber ca. 20%. Batterie-elektrische Fahrzeuge haben mit Abstand die beste Treibhausbilanz. Nicht nur, wenn sie mit reinem Ökostrom betrieben werden, sondern auch bei einem Betrieb mit Deutschland ´s Standard-Strommix. In unserer Studie haben wir aber auch die unterschiedlichen Hybrid-Fahrzeuge, die Autos die mit Autogas, Erdgas und Wasserstoff betrieben werden betrachtet und bewertet.

Ist Wasserstoff das Mittel der Zukunft bezogen auf den CO2 Ausstoß?

Stand heute haben Wasserstoff-Fahrzeuge eine schlechtere CO2-Bilanz, weil es sich um grauen Wasserstoff handelt, der aus Erdgas produziert wird.

Würde die Bilanz bei einem Wasserstoff-Fahrzeug im Vergleich zum BEV besser aussehen, wenn es mit grünem Wasserstoff betankt wird?

Aus meiner Sicht nein, da auch Ökostrom eine geringe Treibhaus-Bilanz besitzt und man bei der Wasserstoffproduktion erhebliche Verluste hat. Man bräuchte dreimal so viel grünen Strom um alle Fahrzeuge mit Wasserstoff zu betreiben, als wenn wir sie alle mit Ökostrom betanken würden.

Wurde bei der Studie auch berücksichtigt, welcher Strommix bei der Batterieproduktion in den jeweiligen Herstellerländern verwendet wird?

Ja, bei der Batterieproduktion liegt die Spanne der CO2-Emissionen zwischen 60 und 100 Kilogramm CO2-Äquivalent pro produzierter Kilowattstunde Lithium-Ionen-Batterie. Bei unserer Auswertung haben wir den Mittelwert von 80 zugrunde gelegt. Somit wurde nicht konkret unterschieden, wo das Fahrzeug produziert wurde, sondern es wurde für alle der Mittelwert angenommen.

Wie steht es denn um die Nachhaltigkeit der Batterien?

Der CO2-Fussabdruck sinkt signifikant z.B. durch die Produktion in den mit grüner Energie betriebenen Giga-Factories. Aber auch Werke in Asien setzen immer mehr auf nachhaltige Energieträger. Und die Produktionsverfahren an sich verbrauchen weniger Energie. Hier wird ständig optimiert.

Welche Nutzungsdauer wurde in der Studie angenommen?

Wir sind bei unserer Studie von 230.000 Kilometern ausgegangen.Dieser Wert beruht auf den Zulassungszahlen des Kraftfahrzeugbundesamtes. Diese Laufleistung erhält man wenn man davon ausgeht, dass ein Pkw bis zur Verschrottung im Schnitt 15 Jahre mit ungefähr 15.000 Kilometer per annum gefahren wird.

BEV`s könnten aber durchaus länger laufen?

Ja, mit dem Blick auf die Garantie, die der Fahrzeughersteller auf die Akkumulatoren vergibt. Das sind im Schnitt 160.000 Kilometer oder 8 Jahre. Im Vergleich dazu bekommt man bei einem Verbrennerfahrzeug 3 Jahre Garantie, vielleicht 12 auf Durchrostung. Mittlerweile vergeben Hersteller wie z.B. Lexus eine pauschale Garantie auf 1 Million Kilometer. Eine Studie der TU München hat gezeigt, dass diese 160.000 Kilometer gut erreicht werden können. Mit den Zellen vom VW ID.3 hat die Simulation ergeben, dass nach 150.000 Kilometern ein Kapazitätsverlust von weniger als 10% bestanden hat. Wenn ein Hersteller garantiert, dass ein Verlust von maximal 30% entstehen kann, ergibt das Ganze hochgerechnet eine Laufleistung von 400.000 Kilometern.

Sie rechneten in Ihrer Studie mit 230.000 Kilometern. Das würde bedeuten, dass die Batterie weiterverwendet werden könnte, selbst wenn es das Auto, aus dem es stammt nicht mehr existiert. Die offiziellen Herstellerangaben werden also eher übertroffen?

Die Diskussion der Garantievergabe ist in vielen Firmen an der Tagesordnung und muss gut kalkuliert werden, damit weder Hersteller noch die Firma drauflegen oder schlecht dastehen. Momentan wird die Garantie für die Firmen allerdings noch konservativ bewertet.
Bei der Erstellung Ihrer Publikation haben Sie sich bei den Daten der Fahrzeugnutzung auf die Zahlen aus der WLTP-Studie gestützt.

Sind diese eher optimistisch oder pessimistisch gerechnet oder unterschiedet sich das nach dem jeweiligen Fahrzeug?

Im Allgemeinen sind die WLTP-Werte für Verbrenner eher optimistisch geschätzt, egal wo das Fahrzeug betrieben wird. Tendenziell ist der Stadtverkehr schlechter als eine Überland-oder Autobahnfahrt, das Fahrverhalten spielt aber ebenfalls eine Rolle. Beim Verbrenner genauso wie bei einem elektrisch betriebenen Fahrzeug. Hohe Geschwindigkeiten erhöhen bei beiden den Verbrauch.

Abschließend zum Thema Batterien und aktuelle Entwicklungen: Wird die Reichweiten-Angst irgendwann einmal Geschichte sein?

Das wird für den ein oder anderen immer Thema bleiben, auch wenn es sich am Ende nicht bestätigen wird. Die Entwicklung geht in Richtung 500 Kilometer Reichweite, dazu kommt zusätzlich noch die Schnellladefähigkeit. Für den täglichen Pendelverkehr reicht es allemal.

Das Interview ist ein Auszug aus einer Folge des The smarter E Podcasts. Im Rahmen dieser Messe findet auch die Power2Drive Europe vom 14.–16. Juni 2023 in München statt.

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