TÜV-Report 2023: Immer noch fallen knapp 20 Prozent der Nutzfahrzeuge bei HU durch

Die Kfz-Experten begründen die hohe Durchfallquote von Nutzfahrzeugen bei der HU mit der Wartungsmentalität. Die meisten Mängel wurden bei Kleintransportern und schweren Lkw festgestellt.

Kleinere Mängel an Nutzfahrzeugen, die vor allem bei der Beleuchtungsanlagen schnell zur Verweigerung der HU-Plakette führen, könnten zum Teil auch leicht durch eine kurze Begehung des Fahrzeugs behoben werden, so der TÜV-Verband. | Bild: ProMotor/T.Volz.
Kleinere Mängel an Nutzfahrzeugen, die vor allem bei der Beleuchtungsanlagen schnell zur Verweigerung der HU-Plakette führen, könnten zum Teil auch leicht durch eine kurze Begehung des Fahrzeugs behoben werden, so der TÜV-Verband. | Bild: ProMotor/T.Volz.
Redaktion (allg.)
(erschienen bei PROFI-Werkstatt von Claudia Leistritz)

In seinem neuesten TÜV-Bericht kommt der Verband auf 19,6 Prozent und somit einen Anteil von rund einem Fünftel aller Nutzfahrzeuge, die den Tauglichkeitstest der Hauptuntersuchung (HU) aufgrund zu großer Mängel nicht bestehen. Das entspricht etwa dem Wert der letzten Analyse 2021. Recht deutliche Unterschiede werden jedoch zwischen den unterschiedlichen Fahrzeugklassen sichtbar. In seinem aktuellen „TÜV-Report Nutzfahrzeuge 2023“, der alle zwei Jahre herausgegeben wird, sieht der Berliner Verband einen Hauptgrund für das schlechte Abschneiden in einer nachlässigen Wartung der Fahrzeuge. Meistens seien mangelhafte Rückleuchten und Ölverlust der Grund dafür, dass die Plakette verweigert wird.

Verantwortlich gemacht werden aber auch aus der Pandemie-Ausnahmesituation resultierende „Standschäden“, in der die Fahrzeuge nicht so oft im Einsatz gewesen seien; möglicherweise, so deutet es das Editorial des Reports an, habe aber auch ein geringeres Interesse seitens der Hersteller an „haltbareren Lösungen“ einen Anteil an den vermehrten Mängeln.

Immer mehr Beanstandungen

Gegenüber vorherigen Auswertungen beobachten Kfz-Experten wieder eine leichte Verschlechterung des Fahrzeugzustands. Komplett mängelfrei kamen dieses Jahr 70,8 Prozent der fünf Jahre lang gefahrenen Nutzfahrzeuge durch. Beim letzten Bericht 2021 waren es noch 72,1 Prozent, davor (2019) mit 71,5 Prozent ebenfalls noch etwas mehr als im neuesten Bericht.

Insgesamt 19,6 Prozent der Fahrzeuge wiesen „erhebliche oder gefährliche Mängel“ auf, die dann auch zur Verweigerung der Plakette führten – exakt der Wert im Report von 2021. Davon weisen die mit 18,9 Prozent weitaus meisten „erhebliche“ Mängel auf, die innerhalb von vier Wochen behoben werden müssen. Die restlichen 0,7 Prozent mit „gefährlichen“ Schäden haben zur Auflage, dass das Fahrzeug sofort in die Werkstatt muss – das sind insgesamt rund 15.000 Nutzfahrzeuge.

Der TÜV-Verband wertet in seinem Presse-Resümee die grobe Auswahl der Fahrzeugklassen aus: Kleintransporter bis 3,5 Tonnen, Leicht-Lkw 3,5 bis 7,5 Tonnen, Lkw 7,5 bis 18 Tonnen und die Schwer-Lkw über 18 Tonnen. Der umfangreiche, 64-seitige Report, der im Internet als PDF abgerufen werden kann, differenziert die Auswertung noch genauer, beispielsweise nach Fahrzeugmarken oder nach den Ergebnissen speziell für Anhänger und Sattelauflieger.

Leichtes Segment am anfälligsten

Richard Goebelt, Fachbereichsleiter Fahrzeug und Mobilität beim TÜV-Verband, hält fest: immer weniger geprüfte Fahrzeuge kommen völlig mängelfrei davon. Am stärksten betroffen seien vor allem die leichteren Varianten – anders als das Mittelfeld:

„Am schlechtesten schneiden die stark geforderten Kleintransporter ab. Dagegen sorgt die Gewichtsklasse 7,5 bis 18 Tonnen mit einem Ausreißer bei den Mängelquoten nach unten für eine positive Überraschung“.

Von Letzteren waren nur nur 13,8 Prozent von erheblichen Mängeln betroffen – ein deutlicher Rückgang gegenüber den 19,5 Prozent von 2021.

Stark beanspruchte Kleintransporter

Demgemäß liegen Klein-Lkw bis 3,5 Tonnen, also Transporter, Kastenwagen, Pick-Ups oder Pritschen, in der Statistik an letzter Stelle, und zwar über alle Altersklassen hinweg. 20,4 Prozent von diesem Segment wiederum weisen erhebliche und gefährliche Mängel auf (0,1 Prozent mehr als 2021). Laut Kraftfahrt-Bundesamt bildeten mit rund 84 Prozent die Kleintransporter bis 3,5 Tonnen den weitaus größten Anteil aller Nutzfahrzeuge in Deutschland. Das seien in Zahlen aktuell rund 3,1 Millionen. Die 20,4 Prozent Durchfallquote bezieht sich also auf rund 620.000 Fahrzeuge der leichten Nutzfahrzeugklasse, die vor allem bei Handwerkern und Lieferdiensten bevorzugt zum Einsatz kommen und dem Bericht zufolge einiges auszuhalten haben. Goebelt:

„Diese Fahrzeuge stehen kaum still, werden stark beansprucht und in vielen Fällen schlecht gepflegt. Das Ergebnis dieser Dauerstrapazen zeigt sich in den hohen Mängelquoten.“

Gesondert analysiert werden hier auch weitere Altersklassen. So seien bei den 9- bis 10-jährigen Kleintransportern, die durchschnittlich etwa 147.000 Kilometer gefahren wurden, fast die Hälfte (46,8 Prozent) aller Fahrzeuge mängelbehaftet, und fast ein Drittel (31,3 Prozent) bestehe die HU nicht.

Rückleuchten und Ölverlust

Mit 14,6 Prozent hatten die Prüfer bei Kleintransportern meistens die Rückleuchten zu beanstanden. Weiter hatte auch der Ölverlust am Motor oder Antrieb mit 8 Prozent einen starken Anteil am Nicht-Bestehen der HU (beim Antrieb alleine: 3,6 Prozent). Aber auch defekte Abblendlichter (7,5 Prozent) oder Mängel an der Achsaufhängung (7,1 Prozent) waren häufig Ursache von Beanstandungen.

Leicht- und Schwer-Lkw: ähnlich bemängelt

Vom nächsten Segment Leicht-Lkw, also 3,5 bis 7,5 Tonnen, fielen 19,2 Prozent bei der HU durch. Das ist ein Anstieg im Bereich erhebliche und gefährliche Mängel über alle Altersgruppen seit 2021 um 0,7 Prozent. Aber auch die schwere Klasse ab 18 Tonnen kommt nicht besser weg: als nicht verkehrssicher wurden hier 19,8 Prozent eingestuft.

Mittelschwere Lkw: positive Ausnahme – mit Grund

Deutlich am wenigsten Beanstandungen, bezogen auf die Gewichtsklasse, hatte das mittelschwere Segment der Lkw von 7,5 bis 18 Tonnen zu verzeichnen: 13,8 Prozent wurden hier als mit erheblichen und gefährlichen Mängeln behaftet eingestuft: gegenüber 2021 verbesserte sich dieser Wert sogar um 5,7 Prozent. Und das obwohl diese Gewichtsklasse, wie die Transporter für die Handwerker- und Lieferdienste, ebenfalls zu den besonders stark beanspruchten Fahrzeugen gehört: die mittelschweren Lkw sind vor allem für die innerdeutsche und grenznahe Versorgungslogistik zuständig. Goebelt erklärt:

„Die Waren müssen just in time ankommen, sonst riskieren die Spediteure empfindliche Geldbußen.“

Das sei auch der Grund, warum man hier besonders um einen guten Fahrzeugzustand bemüht sei und entsprechend in Technik und Pflege investiere – mit entsprechendem Ergebnis:

„Die gute Wartungsmentalität spiegelt sich in der niedrigen HU-Durchfallquote wider“.

Aber auch die Tatsache, dass oft Fahrer für den Zustand es Fahrzeugs auch verantwortlich seien, würde die Fahrzeugpflege verbessern und die Mängel reduzieren, meint Goebelt.

Schwer-Lkw: wieder weniger verkehrssicher

Ab 18 Tonnen entspricht der mängelbehaftete Anteil wieder den kleineren Gewichtsklassen: 19,8 Prozent haben die Fahrzeugexperten hier festgestellt und somit praktisch den gleichen Wert (minus 0,1 Prozent) wie zwei Jahre zuvor. Dabei stieg allerdings die Quote der „geringen“ Mängel in allen Altersklassen, am stärksten bei „alten, schweren Lkw“: um ganze 2,8 Prozent auf 11,5 Prozent. „Insgesamt sind weniger Nutzfahrzeuge mängelfrei und damit absolut verkehrssicher unterwegs“, heißt es.

Häufigste Gründe für Nicht-Bestehen

Alles in allem seien Defekte an der Beleuchtungsanlage, Ölverlust und Probleme an den Bremsen die häufigsten Gründe für die Einstufung als nicht-verkehrstauglich. Goebelt betont, dass menschliche Nachlässigkeit hier ausschlaggebend sei, denn solche Missstände ließen sich durch Begutachten des Fahrzeugs, beispielsweise zur Kontrolle der Beleuchtungsanlagen, leicht vermeiden:

„Wegen defekter Beleuchtungsanlagen durch die HU-Prüfung zu rauschen, ist vermeidbar. Durch einen Gang ums eigene Fahrzeug sind solche Mängel schnell zu bemerken und recht leicht zu beheben.“

Gerade da fehlerhafte Leuchten nicht nur die Fahrer gefährden sondern auch andere Verkehrsteilnehmer, werden Defekte an der Beleuchtungsanalgen als erhebliche Mängel eingestuft, führen also bei nachlässiger Wartung schnell zur Einstufung als nicht-verkehrstauglich. Als ein Zeichen für die Nachlässigkeit der Fahrzeughalter wertet der TÜV-Verband auch, dass 6,7 Prozent der Kleintransporter (bis 3,5 Tonnen) bereits nach zwei Jahren Beleuchtungsmängel aufwiesen.

Grundlage des Reports

Für den „TÜV-Report Nutzfahrzeuge 2023“ hat der TÜV-Verband etwa 2,13 Millionen Hauptuntersuchungen in den Jahren 2021 und 2022 ausgewertet, gegenüber dem vorherigen Bericht von 2021 sind das um rund 180.000 mehr. Die Ergebnisse werden nach vier Gewichtsklassen analysiert:

Leichte Transporter bis 3,5 Tonnen, leichte Lkw mit 3,5 bis 7,5 Tonnen, mittelschwere Lkw mit 7,5 bis 18 Tonnen und schwere Lkw ab 18 Tonnen.

Der TÜV-Report Nutzfahrzeuge erscheint alle zwei Jahre im Wechsel mit dem TÜV Bus-Report.

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